© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Die Antifa lacht sich ins Fäustchen
Linksextremismus: In Berlin scheint die linke Szene Narrenfreiheit zu genießen / Straftaten „gegen Rechts“ werden kaum noch aufgeklärt
Björn Harms

Auch wenn Unzuverlässigkeit in der Hauptstadt häufig groß geschrieben wird, auf eines kann man sich in Berlin verlassen: Die Serie von Angriffen aus der linksextremen Szene gegen die AfD wird wohl niemals aufhören. In der Nacht zum Ostermontag brannte im Berliner Bezirk Pankow das Auto des AfD-Unterstützers und Vermieters mehrerer Räumlichkeiten an die Partei, Andreas Geithe – der mittlerweile vierte Anschlag auf AfD-Fahrzeuge binnen eines Monats.

Zuletzt wurde auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Berliner AfD-Fraktion, Frank-Christian Hansel, Opfer von Brandstiftern. Sein Auto ging vor zwei Wochen in Flammen auf. Wie auch im Fall von Geithe ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz, da Bekennerschreiben auf der linksextremen Plattform Indymedia auftauchten. Somit wurden laut der Berliner Polizei in diesem Jahr mindestens neun Fahrzeuge aus „politisch motivierten Gründen“ angezündet.

Die linke Szene feiert sich bereits als Gewinner

„Wo sind die empörten Aufschreie aus den Altparteien?“, fragt sich der Fraktionsvorsitzende der Berliner AfD, Georg Pazderski. „Wo sind die Sofortmaßnahmen des Senats? Nichts davon kommt und wird auch nicht kommen, denn die geistigen Brandstifter werden sich nicht selbst anzeigen.“ Harte Worte in Richtung des Berliner Senats – doch mitunter wirkt es tatsächlich, als könnte die linksextreme Szene in der Hauptstadt schalten und walten wie sie will. Kaum ein Gastwirt oder Immmobilienbesitzer wagt es derzeit noch, der AfD Räume zu vermieten. Warum auch? Er muß sich unmittelbar nach Bekanntwerden auf massive linksextreme Gewalt einstellen.

Im Januar schreckten linksradikale Chaoten nicht davor zurück, den Inhaber des Ballhauses Pankow mit einem Messer zu bedrohen, um den Landesparteitag der AfD in seinen Räumlichkeiten zu verhindern. Mehr als 170 Ablehnungen durch angefragte Vermieter hatte die Partei sich bereits zuvor eingefangen. Die Einschüchterung wirkte, der Inhaber kündigte den Mietvertrag. Auch eine Klage der AfD half da nichts. Bis heute sucht die Partei händeringend nach geeigneten Räumlichkeiten für den Landesparteitag.

Die linke Szene sieht sich nicht nur deshalb bereits als Gewinner. „Die Parole ‘Kein Raum der AfD’ wirkt!“, frohlockte die „Antifa Berlin“ Ende März auf ihrer Seite. Jahrelange „direkte Aktionen“ hätten Wirkung gezeigt. „Bullenpräsenz und eine laute Meute vor dem Lokal sind wohl eher geschäftsschädigend.“ Das „Sahnehäubchen“ seien dann noch „schlechte Internetbewertungen von Hotels und Restaurants, die sich auf die AfD eingelassen haben“, lacht man sich kaputt. Und ans Aufhören denkt die Antifa nicht: „Auch den vom AfD-Notvorstand für in wenigen Wochen angekündigten Landesparteitag werden wir sabotieren“, kündigt sie an.

Doch ist es nicht ein trauriges Zeichen für Berlin, wenn Linksextreme bestimmen, welche Partei in der Hauptstadt Räumlichkeiten finden darf und welche nicht, zumal die Partei demokratisch legitimiert ist? Nimmt der Senat die linksextreme Gewalt ernst? Eine entsprechende Anfrage der JF blieb bis Redaktionsschluß unbeantwortet.

Der Berliner Journalist Gunnar Schupelius, der selbst schon zweimal Opfer eines Brandanschlags wurde, vermutet: Die seit 2016 an der Regierung beteiligten Grünen und die Linkspartei „möchten offenbar keine Verdrängung der linksextremen Szene“, wie er am Sonntag in der Welt erklärte. Beide Parteien würden Innensenator Andreas Geisel (SPD) „durchaus in der Koalition nicht unterstützen, wenn er mal etwas härter vorgehen möchte“.

Die unnachgiebige Härte des Gesetzes müssen diese Leute tatsächlich kaum befürchten, wie auch eine Antwort des Berliner Senats auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Tommy Tabor beweist: Nicht nur sind die Übergriffe „gegen Rechts“ in den vergangenen Jahren angestiegen, die Straftaten werden auch kaum noch aufgeklärt. Im vergangenen Jahr sank die entsprechende Quote auf mickrige 17,7 Prozent. 

Neben der mangelnden Aufklärung von Straftaten sorgt auch das Verhältnis einiger Abgeordenter zur linksextremistischen Szene bei vielen Berlinern für Stirnrunzeln. Die Kontakte ins Abgeordnetenhaus sind für die Arbeit der Linksradikalen Gold wert. Auf Indymedia ist in einem Beitrag vom 27. März offen nachzulesen, wie die linke Szene ausgiebig die Möglichkeit nutzt, über zwei Abgeordnete der Linkspartei, Anne Helm und Niklas Schrader, im Senat Anfragen zu stellen, um an Informationen von Polizei und Geheimdiensten zu kommen, die diese wiederum über die linke Szene gesammelt haben. Denn gegenüber Abgeordneten sind die Behörden bekanntlich auskunftspflichtig. Die Informationen aus den Anfragen werden dann genutzt, um das behördliche Vorgehen etwa nach Razzien penibelgenau zu prüfen oder auch um eigene Strukturen zu verbessern, um koordinierter vorgehen zu können – zum Beispiel bei Hausbesetzungen.

Ende April verhandelt Gericht über „Liebig34“

Zuletzt besetzte das Bündnis „#besetzen“ am 28. März zehn Wohnungen und zwei Häuser. Die Behörden wissen bis heute nicht, wo sich die Wohnungen genau befinden, wie ein Sprecher der Berliner Polizei der JUNGEN FREIHEIT mitteilt. Dementsprechend gibt es auch keine Tatverdächtigen. „Lediglich in einem Objekt in Berlin-Mitte konnten Feststellungen eines zuvor begangenen Hausfriedensbruchs – ohne Personenfeststellungen – getroffen werden.“

Und selbst wenn der Senat durchgreift, ist weiterer Ärger vorprogrammiert. Für die kürzlich erfolgte Räumung eines brachliegenden Geländes in der Rummelsburger Bucht hat die betroffene Gruppe „SabotGarden“ nun zum Gegenschlag aufgerufen: Fünf Millionen Euro Sachschaden sollen in den nächsten Wochen entstehen. Ziel seien die „bekannten Adressen“ des Senats und der verantwortlichen Immobilienfirma. Weiteres Ungemach droht am 30. April, wenn das Berliner Landgericht über die Zukunft des linksextremistischen Hausprojekts „Liebig34“ in Berlin-Friedrichshain entscheiden soll.

Gleichzeitig diskutiert die linke Szene darüber, ob sie eine „Revolutionäre 1. Mai-Demo“ organisieren will oder nicht. Sollten Kontaktverbote aufrechterhalten werden, könnten auch einzelne, kleine Störaktionen für Abhilfe schaffen, heißt es. Hat die Corona-Krise eventuell für ein verändertes Vorgehen der Szene gesorgt? Eher nicht, meint das Bundeskriminalamt. In letzter Zeit habe es eine Reihe „typischer linksmotivierter Straftaten“ gegeben – etwa Sachbeschädigungen, Brandstiftungen und Hausfriedensbrüche, teilt die Behörde der JF mit. Diese seien jedoch „szenetypisch“ und würden „kein neues Vorgehen“ beinhalten. „Spezielle strategische Änderungen innerhalb der linken Szene sind nicht erkennbar.“





Politisch motivierte Kriminalität

Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. Während das Bundeskriminalamt 2018 noch 1.156 Gewaltdelikte registrierte, waren es 2019 nur noch 986, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic hervorgeht. Linksextreme verübten demnach mit über 1.000 Fällen mehr Gewaltdelikte, wenngleich auch bei ihnen die Zahlen im Vergleich zu 2018 zurückgingen. In mehr als 300 Fällen fielen hierunter „Widerstandshandlungen“ gegen Polizisten. Insgesamt haben die rechtsextremistischen Straftaten zugenommen. Demnach wurden im vergangenen Jahr 22.337 Delikte im Meldedienst für Politisch Motivierte Kriminalität (PMK) verzeichnet – der Großteil Propagandadelikte. 2018 hatte die Polizei noch 20.431 rechtsextrem motivierte Straftaten gezählt. Laut der vorläufigen Statistik verübten 2019 in 9.849 Fällen Linksextremisten politisch motivierte Straftaten. Zudem stieg auch die Zahl der antisemitischen Straftaten in Deutschland. Demnach registrierte die Polizei vorläufig 2.032 solcher Delikte. (ha)





Berliner Verhältnisse 

9. März

Der Eingangsbereich des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Berlin-Mitte wird mit Steinen und Farbflaschen zerstört.

10. März

Das Auto des Europaabgeordneten und Berliner AfD-Übergangsvorsitzenden Nicolaus Fest brennt aus. 

10. März

Die Scheiben des Wohnhauses des Bundestagsabgeordneten Gottfried Curio (AfD) werden eingeschlagen. „Hanau: Curio du Mörder!“ sprühen die Täter an die Fassade.

10. März

Beim jugoslawischen Restaurant Maestral in Reinickendorf werden die Scheiben eingeworfen. Hier hält die AfD Stammtische ab.

13. März

Mit Farbe gefüllte Glasflaschen fliegen gegen die Scheiben der AfD-Landesgeschäftsstelle in Berlin-Charlottenburg. 

19. März

Fahrzeuge der in linksextremen Kreisen verhaßten Sicherheitsfirma Bosch und der Hausmeisterfirma House Solutions werden in Brand gesteckt. 

21. März

Beim Neuköllner JA-Mitglied Julian P. werden die Scheiben eingeworfen. 

25. März

Die Scheiben des Steakhaus Torero in Rudow werden eingeschlagen. Hier trifft sich die Neuköllner AfD für gelegentliche Stammtische. 

1. April

Das Auto der Lichtenberger AfD-Bezirksverordneten Marianne K. brennt.

6. April

Das Auto des Parlamentarischen Geschäftsführers der Berliner AfD-Fraktion, Frank Hansel, wird angezündet.