© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Freiheitliche Alternative zur Corona-Planwirtschaft
Staatliche Hybris
Prof. Dr. Philipp Bagus

In der Corona-Krise schlägt die große Stunde des Staates. Welche Geschäfte dürfen öffnen? Welche Ansammlungen und Bewegungsradien sind erlaubt? Wie lange gilt das? Der Staat bestimmt, welchem Risiko der Einzelne sich aussetzen darf. Dabei ist jeder Mensch einzigartig, mit einer bestimmten gesundheitlichen Konstitution und Risikobereitschaft. Doch ein zentraler Planer kann nicht wissen, was für den Einzelnen das Beste ist. Dafür fehlen ihm die Informationen, die nur der Einzelne besitzt, wußte Friedrich A. von Hayek.

Eine staatliche Planwirtschaft scheitert an der Unmöglichkeit der Wirtschaftsrechnung, warnte dessen Lehrer Ludwig von Mises. In der Corona-Krise berücksichtigen die Planer hauptsächlich den Nutzen ihrer Eingriffe in die Freiheitsrechte. Sie hoffen, daß die Infektionskurve abflacht und so Menschenleben gerettet wreden können. Doch wie wollen sie wissen, ob der Nutzen die Kosten übersteigt? Die Kosten sind subjektiv und vielfältig.

Die Maßnahmen verlangsamen die Bildung einer Herdenimmunität. Die fehlende Bewegung bringt bei manchen Übergewicht, psychologische Langzeitschäden, den Anstieg häuslicher Gewalt und mehr Scheidungen. Das Gefühl des Eingesperrtseins bedrückt Millionen von Menschen. Die wirtschaftlichen Folgen sind gewaltig. Existenzen werden zerstört, die Arbeitslosigkeit steigt dramatisch. Sorgen, Ängste, Alkoholabhängigkeit und Depressionen sind die Folgen des Shutdowns und der wirtschaftlichen Krise. Der Lebensstandard fällt, es gibt zahlreiche Konkurse, weil die Maßnahmen die Produktion behindern – und zwar weltweit. Schließlich kann man nur das konsumieren, was vorher produziert wurde. Vor allem in den ärmsten Ländern kann ein Einkommensrückgang den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Armut verkürzt die Lebenserwartung. Zur Zeit der Wende war in der reicheren Bundesrepublik die Lebenserwartung etwa drei Jahre höher als in der planwirtschaftlichen, ärmeren DDR.

Ein zentraler Entscheider kann nicht den Nutzen und die Kosten der Corona-Maßnahmen objektiv vergleichen, da sie nicht quantifizierbar sind. Und interpersonelle Nutzenvergleiche sind nicht möglich. Einige Menschen werden möglicherweise durch das Abflachen der Infektionskurve länger leben. Andere Menschen werden durch die Folgen des umfassenden Shutdowns kürzer leben. Regierungen maßen sich letztlich an zu entscheiden, wer lebt und wer stirbt. Sie spielen Gott. Das ist Hybris.

Die Alternative zur Corona-Planwirtschaft ist die auf Eigentumsrechten beruhende verantwortliche Entscheidung jedes Einzelnen. Unternehmer, Arbeitnehmer und Kunden entscheiden frei, welchem Risiko sie sich aussetzen, ohne andere fahrlässig zu gefährden.






Prof. Dr. Philipp Bagus lehrt VWL an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid.