© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Mehr als Lobeshymnen für die Kämpfer an der Corona-Front?
Alte Klientelpolitik
Jörg Fischer

In der Krise überschlagen sich Politiker mit Lobeshymnen für die systemrelevanten Kämpfer an der Corona-Front: Putzfrauen, Pfleger, Krankenschwestern, Verkäuferinnen, Lieferanten oder Brummifahrer müßten mehr Wertschätzung erfahren. Doch davon können die sich nichts kaufen – aber Masken gibt es ohnehin nicht ausreichend. Letzteres ist der Bundesregierung zu verdanken, die ihren eigenen „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ ignoriert hat: „Persönliche Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel“ würden bei einer Viruspandemie „verstärkt nachgefragt“. Aber da die Industrie die Nachfrage nicht bedienen könne, „entstehen Engpässe“, warnte die Katastrophenstudie.

Der damalige Gesundheitsminister Daniel Bahr kümmerte sich lieber um die private Pflegeversicherung, was ihn dann 2014 für eine Allianz-Karriere qualifizierte. Seine FDP hat nun ihr Herz für Etappenhengste entdeckt: Fraktionsvize Christian Dürr fordert eine „Homeoffice-Pauschale von 100 Euro pro Monat“, denn Heimarbeit sei „sowieso schon eine organisatorische Belastung“. Auch die Grünen streicheln ihre Klientel: So empfiehlt Robert Habeck existenzbedrohten Hoteliers den vorgezogenen Heizungsaustausch. Und Lisa Badum, Fraktionssprecherin für Klimapolitik, verlangt angesichts der Kontaktsperren den „Ausbau vernetzter Mobilität jenseits des Autos“ und einen Preis von 40 Euro pro Tonne CO2 – sprich fast elf Cent pro Liter mehr für Diesel und Heizöl, plus Mehrwertsteuer selbstverständlich.

Daß im rot-rot-grünen Berlin linke Aktivisten, Scheinselbständige und Betrüger aus aller Welt von den Corona-Soforthilfen profitieren – wen überrascht das? Im CDU-Kanzlerreserveland NRW geht es diesbezüglich allerdings wohl noch chaotischer zu. Aber nun die beschlossene schmale Grundrente für die gefeierten Alltagshelden als unbezahlbar anzuzweifeln, wie es etwa die CDU-Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann und Peter Weiß tun, ist wirklich schäbig.