© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Zeitschriftenkritik: Anbruch
Auf der Suche nach dem Ursprung
Björn Harms

Nachdem das konservative Kulturmagazin Anbruch bereits seit einiger Zeit eine Onlineseite vorweisen konnte, ist nun auch die erste gedruckte Ausgabe erschienen. Leitlinie des neuen Heftes soll „die Sehnsucht nach einer kulturellen Renaissance und nach den letzten Dingen, dem Ursprung“ werden. Dabei wollen die jungen Herausgeber Tano Gehrke (Jahrgang 1990) und Jonas Maron (Jahrgang 1995) „eine Kontur fern aller Spektakel und Verdrehungen der Unterhaltungsindustrie“ prägen. Jede Ausgabe soll ein konkretes Schwerpunktthema durchziehen, im ersten Heft ist es das „Abenteuer“. Und so viel kann vorweggenommen werden: Qualitativ gibt es sowohl Licht als auch Schatten.

Während es erfreulich ist, daß bei Anbruch auch neue, weibliche Autorinnen zu Wort kommen – schließlich bräuchte es diese in der Männerdomäne Kulturkonservatismus viel häufiger, um auch mal frischen Wind hereinzubringen – um so bedauerlicher ist es, wenn genau die jüngste Autorin mit einer schüleraufsatzmäßigen Reisereportage aus Indien gleich zu Beginn den schwächsten Beitrag im ganzen Heft abliefert. Alles ist so „besonders“, so „gegensätzlich“ – kennt man zur Genüge.

Bleiben wir also beim Positiven: Zum 125. Geburtstag Ernst Jüngers – wohl kaum jemand verkörpert den Begriff Abenteuer so umfassend und vielschichtig wie er – darf natürlich auch ein Beitrag über den Jahrhundertautor nicht fehlen. Oliver Niehaus würdigt die Lebensgeschichte Jüngers in einem kurzen Essay, ohne Wesentliches auszusparen. Im Gedächtnis aber bleiben vor allem die anekdotenhaften Geschichten im Heft. In ihrem Artikel „Lesen als Republikflucht“ schildert Beate Broßmann die Erlebnisse einer lesehungrigen, jungen DDR-Dissidentin. In der Kurzgeschichte „Aus Idealismus ins Bordbistro“ teilt Tano Gehrke mit dem Leser seine niederschmetternden und zugleich belustigenden Erfahrungen aus Treffen mit dickbäuchigen, kulturfernen AfD-Politikern – mehr davon!

Bemerkenswert ist auch der fundierte Artikel „Heim zum Uralten“ von Jonas Maron über den vergessenen norwegischen Maler Knud Baade, dem „landschaftspatriotischen Banner der nebelverhangenen Nordseeküsten und mondbeschienenen Fjorde“. Die Reihe #leinwandhelden, in der Maron regelmäßig „verkannte oder unbekannte Künstler“ vorstellen will, soll fortgesetzt werden.

Den Höhepunkt des Heftes bildet sicherlich das gemeinsame Interview mit dem ehemaligen FAZ-Redakteur und AfD-Mitbegründer Konrad Adam. Ein Gespräch dreier Stefan-George-Verehrer auf Augenhöhe, das um den Zustand des Kulturkonservatismus kreist, Kirchenfragen bemüht und die Rolle Stauffenbergs einbezieht. Ihre überaus humorvolle Seite zeigen die beiden Herausgeber übrigens alle zwei Wochen auf ihrem Podcast „Wer redet ist nicht tot“, der aufgrund des bunten Gesprächspotpourris, den die beiden stets entwickeln, nur zu empfehlen ist.

Kontakt: Anbruch – Magazin für Kultur & Künftiges, Calvisiusstraße 20, 04177 Leipzig

 www.anbruch-magazin.de