© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

CD-Kritik: Luigi Rossi, Christina Pluhar
Liebeskranke
Jens Knorr

Wegen eines Rechtsstreits durften die im Jahre 2005 mit der Sopranistin Véronique Gens aufgenommenen Kammerkantaten von Luigi Rossi erst jetzt veröffentlicht werden. Der ist nun beigelegt, und Christina Pluhar hat sich entschieden, gleich noch weitere dieses heute wenig bekannten Zeitgenossen Monteverdis einzuspielen.

Der lange Zeit in Diensten des französischen Hofes unter der Regentschaft Mazarins stehende Komponist und Lautenist Rossi repräsentiert neben Lully die französische Kultur des Grand Siècle. Seine Kantaten im galanten Stil dienten der Salonaristokratie zu Unterhaltung und Selbstbestätigung, gehen darin jedoch nicht auf. Liebe erscheint als eine unwiderstehliche und oft zerstörerische Leidenschaft, welche die Herzen der Jugend durchdringt und verbrennt, vor der Hochzeit, nicht danach. Als ein Schicksal, dem keiner entkommt. Als ein Krieg, der den Mann schwächt und die Frau stärkt.

Keiner bringt die Lamenti verlassener Frauen und unerhörter Männer heute schöner, authentischer und freier zu ihrer ganzen Lesbarkeit als die um Pluhar und ihre Banda L’Arpaggiata versammelten Sängerinnen und Counter. Nur Musik, die nicht um ihrer, sondern um unser selbst willen gespielt wird, lebt. Die Musik, die von der Lyra des Orpheus und von der Harfe Davids kommt, sie lebt in der Zeit, die bleibt.

Luigi Rossi La Lyra d‘Orfeo – Arpa Davidica Erato 2019  www.warnerclassics.de  www.arpeggiata.com