© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Das Anzeigengeschäft bricht ein
Corona-Krise: Presse sowie Film- und Fernsehbranche kämpfen mit den wirtschaftlichen Folgen
Gil Barkei

Die Corona-Krise hat nicht nur zahlreiche Journalisten und Verlagsmitarbeiter ins Homeoffice geschickt, mittlerweile kämpfen etliche deutsche Medienhäuser mit den wirtschaftlichen Folgen. Bei vielen Zeitungen und Magazinen brechen die Anzeigenbuchungen ein. Dies geschieht teilweise so massiv, daß beispielsweise der Spiegel einen Sparkurs plant. 10 Millionen Euro will das Hamburger Blatt im diesjährigen Etat einsparen. 

Neben der Überlegung, die Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken und auf externe Berater vorerst zu verzichten, sollen dafür „erlösrelevante Projekte“ priorisiert vorangetrieben werden. Zudem werde der Verlag die Marketingbudgets, die Honorare der Freien Mitarbeiter und sogar Möglichkeiten zum Arbeitsplatzabbau, etwa durch Vorruhestandsregelungen, prüfen. Umzüge und Umbauten lägen vorerst auf Eis, was auch die gestartete Zusammenlegung von Print- und Online-Redaktionen ausbremsen dürfte.

Die Politik soll Hilfspakete schnüren

Zuvor hatten bereits die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der auch die Süddeutsche Zeitung und die Stuttgarter Zeitung gehören, sowie der Zeit-Verlag Kurzarbeit angesichts der Werbeeinbußen angemeldet. „Das Ausmaß werden wir erst einschätzen können, wenn wir absehen können, wie lange diese Krise anhält“, sagte Zeit-Geschäftsführer Rainer Esser gegenüber dem Medien-Podcast „Unter Zwei“. Subventionen seien zwar kein Thema, jedoch würde das gezielte Schalten von Anzeigen helfen. „Es wäre ausgesprochen hilfreich und sehr sinnvoll, wenn die Bundesregierung und alle öffentlichen Stellen die Zeitungen intensiv für ihre Kommunikation in Zeiten von Corona nutzen.“ Unterstützung kommt bereits von Facebook, das drei Millionen Dollar für einen Hilfsfonds für europäische Medienhäuser bereitgestellt hat.

Die Lage zeigt, welch wichtige Rolle die Druckanzeigen auch in Zeiten stark gestiegenen Informationsinteresses im Internet immer noch spielen. Klicks allein reichen nicht aus, wenn Kultur-institutionen ihre Veranstaltungswerbung wegen Absagen stornieren oder Supermärkte auch ohne Schnäppchen-Prospekte „die Regale leer verkaufen“, wie der Medienjournalist Daniel Bouhs die Situation beschreibt: „Gerade bei Lokalzeitungen macht Werbung oft noch immer etwa 40 Prozent aller Einnahmen aus.“

Lokale Radiosender berichten von ähnlichen Problemen. Bei den Hörfunkstationen mit Vollprogramm in Brandenburg seien bis zu 70 Prozent der Reklameeinnahmen weggebrochen, berichtet der Deutschlandfunk unter Berufung auf die Landesmedienanstalt. Die Gesamtverluste könnten laut radioszene.de zwischen 50 und 75 Millionen Euro liegen. „Zwei Monate“ halte man nur noch durch, rechnet die Geschäftsführerin von Radio Potsdam, Juliane Adam, und warnt vor Auswirkungen für die „Demokratie insgesamt“.

Fest im Covid-19-Griff befindet sich auch die Film- und Fernsehbranche. Die RTL Group hat ihren erst vergangenen Monat vorgelegten Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020 bereits wieder zurückgezogen. Die globale wirtschaftliche Entwicklung habe sich „signifikant verschlechtert“, hieß es dazu in einer Mitteilung. Priorität habe die „Sicherstellung der Liquidität“. Auch den Dividendenvorschlag von vier Euro pro Aktie für 2019 nahm das Unternehmen zurück.

Der Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA), Peter Dinges, spricht im Interview mit medienpolitik.net von einer „existentiellen Situation“ für die Filmwirtschaft. „Ein gemeinschaftliches Kinoerlebnis ist auf unabsehbare Zeit ebensowenig möglich, wie Filmteams am Set zusammenzubringen oder Festivals und Messen im Ausland zu besuchen. Darunter leidet die ganze Branche.“ Seine Forderung an die Politik in Bund und Ländern: „Schnelle und unbürokratische Liquiditätshilfen und akute finanzielle Entlastungen von Steuern und Abgaben für Produzenten, Verleiher, Vertriebe, Kinos und alle übrigen Unternehmen in der Filmwirtschaft.“ Das erleichterte Kurzarbeitergeld sei „ein Anfang“. Zusammen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Monika Grütters und den Länderförderern hat die FFA bereits einen Hilfsfonds mit 15 Millionen Euro eingerichtet.

Soforthilfen auch für die lokalen Rundfunkanbieter fordert die Bayerische Landesmedienanstalt (BLM). „Im übrigen haben sich die Medienanstalten auf ein pragmatisches Vorgehen beim Live-Streaming von kulturellen oder religiösen Veranstaltungen sowie Bildungsangeboten während der Corona-Krise verständigt“, betonte BLM-Präsident Siegfried Schneider gegenüber medienpolitik.net. Antragsteller wie zum Beispiel regionale Zeitungen erhalten dadurch schneller eine Lizenz, auch weil „es Live-Streams den Menschen daheim weiter ermöglichen können, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“.