© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Brexit: Breites Bündnis gegen die politische Elite
Keine Experimente
(wm)

Im Gegensatz zum grobschlächtigen „Narrativ“ bundesdeutscher „Qualitätsmedien“ ist der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union primär kein Resultat „nationalistischen“ Beharrens auf eigenstaatlicher Souveränität. Vielmehr ging es bei der Volksabstimmung von 2016 nur an der Oberfläche um ein Pro und Contra in Sachen EU, wie der auf die Geschichte Großbritanniens spezialisierte Zeithistoriker Dominik Geppert in seiner Potsdamer Antrittsvorlesung ausführt (Merkur, 3/2020). Gestützt auf politikwissenschaftliche Analysen des Referendums lasse sich gut begründen, daß es sich um eine „Protestaktion weiter Teile der Bevölkerung“ gegen die politische Elite in allen Parteien gehandelt habe. Den Brexit-Verfechtern sei es gelungen, diese lange aufgestaute, tiefsitzende Stimmung gegen das Establishment zu bündeln, die die Sorge vor unkontrollierter Zuwanderung mit Europa-Skepsis auf den Nenner des zugkräftigen Slogans „take back control“ brachte. Damit habe der Brexit auf eine sich seit den 1990ern in Europa vollziehende Entwicklung geantwortet, die zur blockparteilichen Verschmelzung von Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Parteien führte. Deren vom Bürger abgekoppeltes, in einem „Paralleluniversum“ hausendes Personal mute seinen Mehrheitsgesellschaften gemeingefährliche neoliberal-multikulturelle „Experimente“ zu. 


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