© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Nichts gelernt aus Event 201
Die amerikanische Johns-Hopkins-Universität und das Corona-Katastrophenplanspiel vom Oktober 2019
Jörg Schierholz

Baltimore kommt vielen Deutschen außerhalb des Geschichtsunterrichtes über den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg nur durch hefitige Bluttaten in den Nachrichten zu Gesicht. Doch es gibt ein zweites Baltimore – jenseits der Morde und sozialen Brennpunkte, hinter den Bahnschienen und den Highways. Dort steht das renommierte Johns-Hopkins-Krankenhaus und die gleichnamige Universität (JHU). Und seit März ist Baltimore erneut weltweit im Fokus, denn die Universität ist führend bei der Bestimmung der weltweiten Anzahl von Infizierten, Toten und Genesenden durch das Coronavirus Sars-CoV-2, das Covid-19 verursacht.

Überschätzung des Covid-19-Risikos?

Die Zahlen der Medizinuniversität in Maryland stammen von der WHO, von lokalen Gesundheitsbehörden, Krankenhäusern, Forschungsinstituten, Infektionszentren und Fachzeitschriften in 195 Ländern der Erde, analysiert vom Center for Systemic Science and Engineering (CSSE) der JHU. Die Daten sind aktueller und in der Regel etwas höher als vom Berliner Robert-Koch-Institut (RKI). 

Gleichwohl ist bei den Zahlen des RKI als auch der JHU zu beachten, daß beispielweise die Haupttodesursache Corona nicht einheitlich definiert ist, da bei den meisten Verstorbenen das Durchschnittsalter hoch ist und meistens mehr als zwei weitere schwere Vorerkrankungen des Herzens, der Lunge oder auch Diabetes vorlagen, welche eventuell auch ursächlich für das Versterben sein könnten. Die großen Unterschiede zwischen Italien und Deutschland beispielsweise bei den Verstorbenen und auch dem unterschiedlichen Durchschnittsalter der Erkrankten, welches in Italien deutlich höher liegt, lassen sich nur durch eine unterschiedliche Zählweise, -häufigkeit und den Unterschieden in der Qualität und Kapazität der beiden Gesundheitssysteme erklären.

Eine Analyse des Deutschen Netzwerkes Evidenzbasierte Medizin (EbM) läßt aufhorchen: „Die mediale Berichterstattung berücksichtigt in keiner Weise die von uns geforderten Kriterien einer evidenzbasierten Risikokommunikation“, kritisieren die Autoren die Medienarbeit zu Covid-19. „Die Darstellung von Rohdaten ohne Bezug zu anderen Todesursachen führt zur Überschätzung des Risikos.“ Der Influenza-Wochenbericht der Kalenderwoche 12/2020 des Robert-Koch-Instituts belegt: Die Zahl der Atemwegsinfektionen (alle Erreger) in Deutschland normalisiert sich wie in den Vorjahren.

Neben der Analyse von Erkrankungen und Epidemien ist die JHU im Bereich Global Health, Health Security, Globale Gesundheits-Prävention, Risiko-Bewertung, Gesundheits-Informatik, Biomedical Engineering, Medizinische Ethik, Angewandte Verhaltens-Analyse, Verhaltens-Biologie, Biotechnisches Unternehmertum, aber auch Außenpolitik und Militär aktiv unter anderem über die Paul H. Nitze School of Advanced International Studies (SAIS).

Gegründet aus Milliardärs-Stiftungen

Im Jahre 1876 aus Vermögen des Bankiers Johns Hopkins als private Universität gegründet, kam 1916 die School of Public Health mit dem Geld der Rockefeller Foundation dazu. Nach Milliardenspenden des New Yorker Unternehmers und gescheiterten Präsidentschaftsbewerbers Michael Bloomberg, dem Besitzer der globalen Holding mit Print, TV und Radio für Finanzmedien, wurde die Einrichtung in JH Bloomberg School of Public Health umbe­nannt.

1999 wurde an der JHU das Bill & Melinda Gates Institute for Population and Reproductive Health gegründet, welches Familienplanung und sozialen Wandel in Asien, Afrika, Lateinamerika und dem Mittleren Osten unterstützt, Wissenschaftler ausgebildet und dann in ihren Herkunftsländern als medizinische Führungskräfte einsetzt.

Am 18. Oktober 2019 veranstaltete das JHU-Center for Health Security in New York zusammen mit der Gates-Stiftung, dem World Economic Forum und etlichen globalen Konzernen das Pandemie-Planspiel „Event 201“: Ein neues Sars-ähnliches und hochaggressives Coronavirus breitet sich von Schweinefarmen in Südamerika ausgehend in der ganzen Welt aus.

Es ist wie bei der Covid-19-Pandemie kein Medikament verfügbar, die Anzahl der Infizierten und Toten steigt exponentiell mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Nach 18 Monaten ist der Globus durchseucht, es gibt einen enormen Schaden und 65 Millionen Virus-Tote.

Es stellt sich die Frage, warum dieses verblüffend der jetzigen Corona-Pandemie ähnelnde Planspiel der US-staatsnahen Stiftung unter Beteiligung auch diverser US-Dienste nicht ernst genommen wurde, wie auch andere Sutiden und Warnungen weltweit. Die Event-201-Simulation führte folglich zu der Verschwörungstheorie, daß die Pandemie doch staatlich geplant wäre, zumal ein der JHU zugehöriges Forschungsinstitut Patente für eine Coronavirus-Impfung hält. Möglicherweise ist es der John-Hopkins-Global-Health-Security-Index (GHS-Index), welcher die Qualität der Gesundheitssysteme von 195 Staaten untersucht und die USA auf Platz eins bei der Vorbereitung auf Epidemien sieht, der Grund für das lange Zögern der USA bei der aktiven Eindämmung der Epidemie.

Länger keine Katastrophenübungen durchgeführt

Am 27. Februar 2020 hielt Donald Trump eine auf dem Index basierende Karte hoch und sagte, die USA seien das „am besten auf eine Pandemie vorbereitete Land der Welt.“ In der Studie war Deutschland auf Platz 14, noch vor Österreich und China auf Platz 51. Allerdings zeigte diese Analyse, daß „kein Land der Welt vollständig auf Epidemien und Pandemien vorbereitet ist, und daß jedes Land wichtige Lücken adressieren muß“.

Interessant sind gemäß der Studie die Schwächen des deutschen Systems, die bei der jetzigen Krise bestätigt werden: In Deutschland würde ohne öffentlich verfügbare Bestandsaufnahme an Krankheitserregern mit Pandemie-Potenzial geforscht, die Webseiten der zuständigen Bundesministerien gäben keine ausreichenden Information zum Notfall-Kommunikationssystem.

Es gäbe keinen nationalen Notfallplan für den gleichzeitigen Ausbruch mehrerer Epidemien; es würden schon länger keine Katastrophen-Übungen durchgeführt; und es gäbe keine Evaluierungen des Systems durch die Weltgesundheitsorganisation WHO beispielsweise. Zudem fand man keine Pläne der Sicherheitsbehörden und der Gesundheitsbehörden, um im Fall eines terroristischen Angriffs mit biologischen Waffen zusammenzuarbeiten.

US-Pandemie-Planspiel Event 201

 www.centerforhealthsecurity.org

 coronavirus.jhu.edu

 rki.de