© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/20 / 24. April 2020

Grüße aus Kapstadt
Kaum gute Hoffnung
Yorck Tomkyle

Nirgendwo gibt es so viele Verschwörungstheorien wie in Afrika – das gilt vor allem in Krisenzeiten, und so ist es auch kein Wunder, daß die Corona-Krise am Kap der Guten Hoffnung zunächst damit begann, daß große Teile der schwarzen Mehrheit glaubten, das Virus sei ausschließlich eine Erkrankung der Weißen.

Es gab beschämende Handyfilmchen, die feiernde Menschenmengen auf den Straßen zeigen, die „Corona, Corona“ skandieren.Um so größer war das Entsetzen, als sich allmählich die Erkenntnis durchsetzte, daß das Coronvirus keine ethnischen Grenzen kennt und die Rate an Neuinfektionen gerade unter der schwarzen Bevölkerung stetig stieg.

Am 27. März zog der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa dann die Notbremse und verhängte eine landesweite Ausgangssperre, die teils mit drakonischen Maßnahmen durchgesetzt und jetzt bis Ende April verlängert wurde.

Diese Maßnahme hat vor allem in den Townships und den Wohngebieten der ärmeren Bevölkerungsteile zu teilweise massiven Engpässen in der Lebensmittelversorgung geführt.

Viele Weiße fürchten sich davor, am Ende wieder der Sündenbock zu sein.

Jetzt beginnt der Druck im Kessel sich zu entladen: unter anderem auch in Kapstadts Township  Manenberg kam es zu Plünderungen hungriger und aufgebrachter Menschen. Ein Ladenbesitzer mit asiatischen Wurzeln schüttete entsetzt sein Herz aus. So etwas habe er noch nie zuvor erlebt, erklärte der Bangladeschi im Fernshen. Bis zum Eintreffen der Polizei habe er Windeln, Babynahrung, Kaffee und Bargeld im Wert von 25.000 bis 30.000 Rupien verloren.

Im Anschluß nahm die Polizei 17 Verdächtige im Alter zwischen 16 und 46 Jahren fest.Parallel dazu wurden die Fahrzeuge der Sicherheitskräfte mit Steinen beworfen. Erst nach Warnschüssen zerstreute sich die Menge.

Die Geschäfte sind leer, Menschen warten vergeblich auf versprochene Lebensmittellieferungen – die Menschen beginnen zu hungern. Es ist momentan nicht klar, wie die ANC-Regierung die explosive Mischung aus sozialer Isolation, Zwangsmaßnahmen und Hunger in den Griff bekommen will.

Viele Weiße am Kap fürchten sich davor, am Ende wieder der Sündenbock zu sein.In einem ethnisch zerrissenen Land wie Südafrika wäre diese Karte leicht zu spielen, hätte aber bei dem Ausmaß der Corona-Krise unabsehbare Folgen für das ganze Land.

Bleibt zu hoffen, daß die Regierung das auch so sieht …