© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/20 / 24. April 2020

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung alle Großveranstaltungen mindestens bis Ende August untersagt. Im Kultursektor betrifft das unter anderem Theater, Konzerthäuser und zahlreiche Musikfestivals wie Elbjazz, Southside, Deichbrand, Parookaville, Summerjam, Wacken, Summer Breeze, Full Force, Bang Your Head, Rock am Ring/Rock im Park. Abgesagt sind auch das Montreux Jazz Festival und das Schleswig-Holstein Musik Festival, zwei der renommiertesten und größten Veranstaltungsreihen ihrer Art in Europa. Die Regierungsentscheidung mag nachvollziehbar sein, bitter für die durch die Bank weg Verständnis äußernden Veranstalter und Hunderttausende von Konzertgängern ist sie dennoch. Mich treffen die Absagen diverser Konzerte im Sommer, für die ich bereits seit dem vorigen Jahr Karten besitze, jedenfalls ungemein. Was habe ich mich auf Melissa Etheridge, die Hollywood Vampires mit Alice Cooper und vor allem auf Iron Maiden in der Waldbühne gefreut! Alles Essig!


Die sprachkritische Aktion „Unwort des Jahres“ kann ihre Suche danach einstellen. Es ist schon jetzt gefunden und lautet: „Öffnungsdikussionsorgien“ (Angela Merkel). Notabene: Macht diskutiert nicht gern.


Welchen geringen Stellenwert die Kultur hierzulande genießt, läßt sich vielerorts ablesen. In der Menüauswahl von Spiegel Online zum Beispiel kommt sie an neunter Stelle – unter anderem noch nach den Rubriken Sport, Netzwelt, Wissenschaft und Mobilität.


Wehmütige Reminiszenz in Coronavirus-Zeiten an den großen Unterhaltungskünstler Peter Alexander: „Die kleine Kneipe in unserer Straße/ Da wo das Leben noch lebenswert ist/ Dort in der Kneipe in unserer Straße/ Da fragt dich keiner, was du hast oder bist.// Die Postkarten dort an der Wand in der Ecke/ Das Foto vom Fußballverein/ Das Stimmengewirr/ Die Musik aus der Jukebox/ All das ist ein Stückchen Daheim/ Du wirfst eine Mark in den Münzautomaten/ Schaust anderen beim Kartenspiel zu/ Und stehst mit dem Pils in der Hand an der Theke/ Und bist gleich mit jedem per du// Die kleine Kneipe in unserer Straße (…)“


Erfreuliche Nachricht: Das Steigerlied und die Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet werden ins Landesinventar des immateriellen Kulturerbes in Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Ob die beiden Identität stiftenden Traditionen auch bundesweit anerkannt werden, soll zu Beginn des Jahres 2021 entschieden werden.