© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/20 / 24. April 2020

Umwelt
Wenn das Herz muht
Paul Leonhard

Es sind wunderschöne Porträts. Gutmütige Tiere, die den Betrachter mit großen Kuhaugen anschauen. Herzallerliebst. Noch tragen sie nur gelbe Ohrmarken mit gestanzten schwarzen Nummern, aber bald könnten 49071, geboren am 24. Juli 2015, 07556, geboren am 7. Mai 2017, oder 55946, geboren am 15. Mai 2015, auch auf einen entzückenden Namen hören. Die auf der Internetseite von Pierre Zocher aus Großharthau bei Dresden vorgestellten Seelchen sind nur eine kleine Auswahl. Der 38jährige sucht dringend Kuhpaten, denn er will seinen Hof umstellen, er will statt Tierfutter auf den hundert Hektar Getreide anbauen. Das Milchgeschäft lohnt sich nicht mehr. Für einen Liter erhält er 27 Cent, für ein Kalb 8,49 Euro. Dabei liegen schon die Kosten für Besamung und den Tierarzt bei über 50 Euro.

„Ich bin es meinen Mädels einfach schuldig, eine gute Lösung zu finden.“

Dazu verfolgen den Bauern „markerschütternde“ Schreie der Mutterkühe, wenn „ihre Kinder gehen müssen“. Das Faß zum Überlaufen brachte der Hinweis eines Biomolkerei-Mitarbeiters, der befand, die Tiere seien zu dünn. Um das Zertifkat zu erhalten, sollte er sie zum Schlachten bringen und durch Biokühe ersetzen. Doch Zocher liebt seine Kühe, die er selbst aufgezogen hat: „Ich bin es meinen Mädels einfach schuldig, eine gute Lösung zu finden.“ Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin entwickelte er das Projekt „Herz-Muht“. Kuhpaten sollen mit monatlich 50 Euro die laufenden Kosten für eine Kuh decken helfen und dieser ein artgerechtes Leben ermöglichen. „So stoppen wir den Teufelskreis der Milch- und Fleischproduktion und rüsten auf den Ackerbau um“, ist sich der Sachse gewiß. Wer Interesse an einer Patenschaft hat, kann gerne Kontakt aufnehmen. Teilpatenschaften sind bereits ab fünf Euro möglich. Mehr als 70 der 110 Kühe haben inzwischen Paten gefunden.