© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/20 / 01. Mai 2020

Zu geringer Frauenanteil in Wissenschaft und Forschung
Chancengleichheit erst 2060
(dg)

Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat den Hochschulen des Landes gerade das „Kaskadenmodell“ verordnet, um die Chancengleichheit von Wissenschaftlerinnen zu erhöhen. Doch strenggenommen, so warnen Jule Specht, Professorin für Persönlichkeitspsychologie an der HU, und Martin Mann, der die Stabsstelle Personalentwicklung und Forschungsförderung am Berliner Wissenschaftszentrum leitet, werde damit die Benachteiligung von Frauen zementiert. Denn das „Kaskadenmodell“, wonach der reale Frauenanteil einer Ebene den Zielwert des Frauenanteils der nächst höheren bestimme, sei ungerecht, da in den meisten Disziplinen jene Frauen sich in gehobenen Karrierestufen befänden, die bereits eine stärkere Selektion durchlaufen hätten als männliche Mitbewerber. Sie dann bei der Auswahl für Spitzenpositionen gleich zu behandeln, wie im Kaskadenmodell vorgesehen, führe zu einer faktischen Diskriminierung und sabotiere die Anstrengungen um die Gewinnung der „leistungsstärksten Menschen“. Auf diese Weise werde die Herstellung der Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung, wo bisher erst ein Frauenanteil von 19,4 Prozent erreicht worden sei, noch etwa vierzig Jahre dauern. Wobei die Problematik von wissenschaftlich tätigen Menschen nicht berücksichtigt sei, die sich keinem binären Geschlecht zuordnen. „Wir wissen noch viel zu wenig darüber, welche strukturellen Benachteiligungen ihnen möglicherweise auf dem Weg zur Professur im Weg stehen.“ „Tiefgreifende Veränderungen“ seien nur möglich, wenn Frauen wie in der Wirtschaft direkt in akademische „Top-Funktionen“ berufen würden (Deutsche Universitätszeitung, 2/2020). 


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