© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/20 / 01. Mai 2020

Pillen und Gebete
Fern vom Geist der Kreativität: Reisen ins Innere der arabischen Psyche
Oliver Busch

Die Vernunft wird“, so belehrte der große Realist Goethe im Februar 1829 seinen Eckermann, „immer nur im Besitz einzelner Vorzüglicher sein.“ Es sei nicht daran zu denken, daß sie je „popular“ werde. Mit ihren Revolutionen, Kriegen, sogar Weltkriegen und einer Serie von Völkermorden hat die Weltgeschichte seitdem den Weisen von Weimar ebenso eindrucksvoll bestätigt wie mit der scheinbar friedlicheren, häufig humanitär übertünchten Politik der Massenmigration und der Islamisierung Europas.

Politisch Mitverantwortliche für die Ableitung des afrikanisch-orientalischen Bevölkerungsüberschusses wie Annette Widmann-Mauz (CDU), Angela Merkels Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, sind mit der Abschätzung der Risikofolgen ihres Handelns offenkundig überfordert. Aber auch das Gros deutscher Islamwissenschaftler, bei denen eher Vernunft und Sachkompetenz zu vermuten ist, verabschiedet sich regierungsfromm gern vom Mut zur Wahrheit fordernden Ethos der Wissenschaft, wenn es gilt, Warner wie Thilo Sarrazin („Feindliche Übernahme“, 2018) oder nicht konforme Koryphäen der eigenen Zunft wie Tilman Nagel („Was ist der Islam?“, 2018) als „Angstmacher“ zu denunzieren. Denn niemand, so die Litanei ihrer im Fach tonangebenden islamophilen Kritiker, könne wissen, ob die westlichen Gesellschaften ihre muslimischen Dauergäste nicht veränderten und binnen Jahrzehnten zur Anpassung an die Moderne brächten.

Wohlhabende muslimische Patienten

Die Hoffnung stirbt eben zuletzt. Daran änderte auch die breiter als üblich rezipierte Vergleichsstudie des Berliner Soziologen Ruud Koopmans (JF 17/16) nichts, die nachwies, daß der Islam auf den Alten Kontinent verpflanzte, hier in Parallelgesellschaften abgeschottete Muslime noch in Generationen zuverlässig daran hindern werde, sich sozialverträglich zu integrieren oder gar per Assimilation als Minderheit zu verschwinden. 

Burkhard Hofmann, Jahrgang 1954, ist als Facharzt für Psychotherapeutische Medizin tätig. In seiner Hamburger Praxis behandelt er seit über zehn Jahren auch Patienten, aus der muslimischen Ober- und Mittelschicht, die vermögend genug sind, an die Elbe zu fliegen, um ihr Inneres von einem „Ungläubigen“ ausleuchten zu lassen. Mehrmals im Jahr therapiert Hofmann diese Klientel zudem in deren Heimat, den Emiraten am Persischen Golf. Aus der Vielzahl seiner Fallprotokolle ist ein 2018 fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit erschienenes Buch entstanden, das ein „Psychogramm der arabischen Seele“ zu geben verspricht.

Wer bei Hofmann auf der Couch landete, den hatten massive Schwierigkeiten mit der „Unterwerfung“, so die korrekte Übersetzung von Islam, aus der Bahn geworfen. Fanden doch seine Patienten in der vermeintlichen Religion des Friedens nur unzureichenden Halt. Daraus resultierten ihre Angstzustände, Panikattacken, Depressionen, Suizidneigungen, die  sie mit Alkohol, Tabletten, Drogen und Psychopharmaka in rauhen Mengen bekämpften.

In einer Atmosphäre der Angst aufwachsen

Wie unter einem Vergrößerungsglas ließen sich daher an den Leidensgeschichten dieser psychischen Wracks die Probleme und Konflikte der islamischen Kultur ablesen, die im „seelischen Kardinalsymptom der arabischen Welt“ wurzeln, der Angst. 

Angst vor dem unermüdlich anzubetenden Allah, Angst vor den Eltern, der Familie, dem Clan, den geistlichen und weltlichen Autoritäten, Angst die Absolutheit des Glaubens zu hinterfragen. Jedes muslimische Kind wächst in dieser Atmosphäre der Angst auf, der es nur Herr wird, wenn es die religiösen Normen zeitig verinnerlicht und mit Akkuratesse im Alltagshandeln umsetzt. Das beginnt mit dem fehlerfreien Vollzug der Riten, vollendet sich in Festlegung sämtlicher sozialer Beziehungen und ist von durchaus totalitärem Charakter. 

Hofmanns Darstellung trennt nicht immer klar, was historisch zuerst da war, die Henne der archaischen arabischen Stammesgesellschaften oder das Ei einer kollektivistischen Religion, die das Ausscheren aus der Herde nie erlaubte. Sicher ist jedenfalls, daß das soziale und religiöse Milieu die Autonomiebildung im Kindesalter blockiert und schwere Persönlichkeitsstörungen hervorruft.

So verhindert die Uniformität fordernde und belohnende Religion die Entstehung einer Kultur der Individualität. Und unterdrückt den davon nicht abtrennbaren Geist der Kreativität, des Hinterfragens und Zweifelns, der Freiheit von Forschung und Lehre, des Meinungspluralismus, also elementare Voraussetzungen, denen „der Westen“ seine ökonomische, technische und zivilisatorische Überlegenheit verdankt, während die islamische Welt des Vorderen Orients mit ihren patriarchalischen und feudalistisch-autoritären Strukturen mental im Mittelalter steckenblieb. Höchstens die Heerscharen geistig Armer aus Westdeutschlands Wohlstandsoasen dürfen sich vom Zuzug aus diesen geographischen und kulturellen Wüsten „Bereicherung“ erhoffen. Hofmann kommt hingegen zu dem Schluß, daß der Islam sich zu tief in die Psyche seiner Bekenner „eingefressen“ habe, um noch Raum für „Illusionen über die Machbarkeit von Integration“ zu lassen. 

Burkhard Hofmann: Und Gott schuf die Angst. Ein Psychogramm der arabischen Seele. Droemer Verlag, München 2018, 297 Seiten, 19,99 Euro