© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/20 / 01. Mai 2020

Schon mal gehört
ProSiebenSat.1 startet Audio-Plattform: Fyeo verspricht „Blockbuster“, bietet aber Altbekanntes
Boris T. Kaiser

Marketingtechnisch hätte sich ProSiebenSat.1 für den Start seiner neuen Audio-Plattform fyeo.de kaum einen besseren Zeitpunkt wünschen können. 

Als das Münchner Multimediaunternehmen Ende vergangenen Jahres ankündigte, man bringe im Frühjahr 2020 eine App für Podcasts und Hörspiele heraus, konnte in der Unterföhringer Firmenzentrale natürlich keiner ahnen, daß deren Freischaltung für das breite Publikum ausgerechnet in eine Zeit fallen würde, in der eine weltweite Pandemie die Menschen in Scharen zu Hause hält und Podcasts und Streamingdienste zu den Gewinnern der Corona-Krise zählen. So stand die Premiere des „Kinos für die Ohren“ am 23. April unter einem sehr guten Stern. Mit entsprechend breiter Brust trat der Unterhaltungsriese bei der „For Your Ears Only“-Präsentation auch auf. Man biete den Kunden „eigenproduzierte Audio-Blockbuster, Dokus, Hörspiele sowie eine breite Palette an Podcasts“, hieß es in einer sehr selbstbewußt formulierten Pressemitteilung. 

Tatsächlich wirkt das Angebot bereits auf den ersten Blick hochwertig und ist ansprechend übersichtlich gestaltet. Alles andere wäre für ein Medienunternehmen dieser Größenordnung allerdings auch mehr als blamabel gewesen. Mit der Basisversion lassen sich „klassische Podcasts unbegrenzt kostenlos genießen“. Mit der „Premium“-Anmeldung bietet Fyeo für 4,99 Euro im Monat vieles, was die Nutzer auch bei den großen Video-on-Demand-Anbietern wie Netflix erwartet. Die exklusiven Eigenproduktionen heißen auch hier „Originals“. 

Die Hör-Doku „In Sekten“ geht der Frage nach, ob „alle Gurus Bad Guys“ sind und wirft hierzu einen Blick „hinter die Kulissen von Glaubensgemeinschaften“. Für die Serie „Deutsche Abgründe“ über die Aufarbeitung des NSU arbeiten die Macher mit der Süddeutschen Zeitung zusammen. 

Der Podcast „In Haft“ bedient die beim Publikum weit verbreitete Faszination für Kriminelle hinter Gittern. Natürlich dürfen auch eine Auto-Sendung, ein „True Crime“-Format, eine Fußballfan-Doku und eine eigene Kochshow nicht fehlen – alles irgendwie schon mal gehört.

Der besondere Clou bei „Konjunktiv Kochen“ ist allerdings, daß während „Hosts und Gäste zusammen mit dem Publikum ein Überraschungsmenü“ zubereiten, eine „Spontanlesung“ abgehalten wird. Das hat dann schon fast was von öffentlich-rechtlichem gediegenem Bildungsauftrag; allerdings ohne Zwangsgebühr.