© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/20 / 01. Mai 2020

Haltungsnote
Rettet die letzten Refugien!
Gil Barkei

Sie sind einmalige Orte inmitten immer stromlinienförmig werdender Städte, Botschafter ihrer Kieze und Schmelztiegel deren unterschiedlichster Bewohner und Schichten: die Eckkneipen.  Doch die Corona-Maßnahmen haben viele dieser letzten authentischen Refugien in die Existenzkrise gestürzt. Die Gefahr ist groß, daß viele die Wochen der Zwangsschließung nicht überstehen und nie wieder öffnen werden. Übrig bleiben die großen, durchdesignten und sterilen Ketten, Franchisefirmen und Systemgastronomen – ein Charmeverlust für die Metropolen und ihre Bezirke. Um den Wirten unter die Arme zu greifen, formieren sich in den sozialen Medien Unterstützungsinitiativen. Auch die Plattform Kneipenretter.org in Berlin möchte den „Begegnungsstätten für Jung und Alt“ helfen: Bisher haben über das Portal 330 „Kneipenretter“ 12.072 Euro an 57 Kneipen gespendet. Und ja, SPD-Mann Kevin Kühnert gehört zu den Initiatoren, und auf der Netzseite wimmelt es von Gendersternchen, aber auch Linke können gute Ideen haben – am versöhnenden Tresen dürfen dankenswerterweise die oft lästigen und eintönigen politischen Diskussionen auch mal verschwinden. Zudem kann jeder seine Lieblingslokalität unterstützen; und warum nicht den Ansatz auf andere Städte übertragen?