© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/20 / 08. Mai 2020

Ländersache: Sachsen
Auf Immerwiedersehen
Björn Harms

Als sächsische Polizeibeamte im Januar dieses Jahres auf der A17 in der Nähe von Dresden einen auffälligen Kleinbus untersuchen wollen, in dem sich mehrere Bauarbeiter befinden, staunen sie nicht schlecht: Ein alter Bekannter tappt ihnen bei der Routinekontrolle ins Netz. Nurbet M., bulgarischer Staatsbürger, ist trotz Einreiseverbots offenbar wieder in Deutschland unterwegs.

Dafür mußte sich der 44jährige nun in der vergangenen Woche vor dem Amtsgericht in Pirna verantworten. „Von dem Einreiseverbot wußte ich nichts“, versicherte M. der Richterin laut dem sächsischen Nachrichtenportal Tag24. „Das Schreiben war nur auf deutsch. Das habe ich nicht verstanden.“ Nun schützt Unwissenheit nicht vor Strafe, aber tatsächlich wurde „nach Aktenlage das Schreiben auf deutsch zugestellt“, wie das Amtsgericht Pirna der JUNGEN FREIHEIT bestätigt.

Daß er es jedoch nicht verstanden haben könnte, wirkt wenig überzeugend. Denn Nurbet M. kam dank des EU-Freizügigkeitsrechts bereits vor über zehn Jahren nach Deutschland, um sich hier im kriminellen Milieu zu betätigen. Vorrangig beutete er Frauen aus, die auf dem Straßenstrich für ihn anschaffen mußten. Ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges liegen Voreintragungen wegen Menschenhandels, Zuhälterei, gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vor.

Ein Amtsgericht in Hamburg verurteilte den Schwerkriminellen deshalb im Februar 2017 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und 11 Monaten, wie die Staatsanwaltschaft Hamburg der JF bestätigt. Dabei sei der 44jährige eher als Einzelkämpfer unterwegs gewesen. „Eine Einbindung des Verurteilten in Strukturen der Organisierten Kriminalität konnte nach Auskunft des damaligen Ermittlungsführers des Landeskriminalamts nicht festgestellt werden“, heißt es. 

In den meisten Fällen zieht solch eine Verurteilung eine automatische Abschiebung nach sich – so auch im Fall Nurbet M., der im Oktober 2019 ausgewiesen wurde und obendrauf ein achtjähriges Einreiseverbot erhielt. Doch schon bei seiner Abschiebung ging nicht alles glimpflich über die Bühne. „Sie machten Theater, drohten mit Gewalt, daß zwei Beamte Sie auf dem Flug begleiten mußten“, warf die Richterin am vergangenen Montag dem illegalen Einwanderer vor. „Ich hatte Flugangst“, begründete dieser seinen Tobsuchtsanfall. In Bulgarien geriet er eigenen Angaben zufolge in Existenznöte. „Ich lebte allein im Haus meiner Mutter, hatte keine Arbeit. Ich wollte zurück nach Deutschland“, so der Angeklagte. 

Inzwischen bereue er seine Rückkehr. „Ich möchte weg aus Deutschland“, sagt er. Verständlich, wenn man bedenkt, daß die Behörden ihm inzwischen die 16.000 Euro in Rechnung gestellt haben, die seine Abschiebung vor wenigen Monaten gekostet hatte. Geld, das der Staat wohl kaum wiedersehen dürfte. Ganz im Gegenteil, für den Steuerzahler könnte es noch teurer werden. Denn nun muß M. aufgrund des Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz erstmal acht Monate hinter schwedische Gardinen. Danach stehen die Zeichen auf erneute Abschiebung – sobald wieder Flüge nach Bulgarien angeboten werden, wie die Ausländerbehörde erklärt.