© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/20 / 08. Mai 2020

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Ramadan: Debatte um Muezzin-Rufe in Städten

BERLIN. Der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), hat Forderungen nach einem dauerhaften Muezzinruf eine Absage erteilt. „Der Muezzinruf ist eine verbale, exklusive Gottesverkündung“ und sei damit Bestandteil des Gebetes und eine „kultische Handlung“, mahnte Gröhe in der katholischen Zeitung Tagespost. „Das ist etwas anderes als das abstrakte Glockengeläut, das zum Gebet ruft. Ich halte die Gleichsetzung daher für falsch“, sagte der ehemalige Bundesminister. Hintergrund ist eine Debatte um Muezzinrufe während des Ramadan. Aufgrund der Corona-Beschränkungen wurden in einigen Kommunen solche Gebets-aufrufe als Ersatz für den Moscheebesuch ausnahmsweise zugelassen. Daraufhin forderten beispielsweise Politiker der FDP, Muezzinrufe dauerhaft zuzulassen. Dem widersprach unterdessen Seyran Ates von der liberalen Ibn Rushd-Goethe Moschee in Berlin. Sie wertete den Muezzinruf im Cicero als „Sieg über die Ungläubigen“ und als „Vorboten eines Kulturkampfes“. Kritik äußerte auch AfD-Bundesvorstandsmitglied Joachim Paul: Solche Gebetsrufe „stellen einen lauten, weithin hörbaren Machtanspruch dar“ und seien eine politische Botschaft „im Gewand der Religionsausübung“. Der hessische Bundestagsabgeordnete Jan Nolte teilte diese Einschätzung. „Der Muezzinruf ist mit Kirchenglocken nicht  zu vergleichen, und der Islam steht auch nicht für interreligiöse Solidarität, sondern für Abschottung, Verdrängung und Christenverfolgung“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Er mahnte jedoch an, solche Kritik am Islam müsse stets sachlich bleiben. Es gehe dabei um die Bewahrung von Identität und nicht um Haß auf Muslime. „Wer Muslime pauschal beleidigt und ihnen als vermeintliche Symbole deutscher Leitkultur Spanferkel und halbnackte Frauen entgegenhält, ist nicht Kritiker, sondern Pöbler und sollte sich nicht anmaßen für das christliche Abendland zu sprechen“, betonte Nolte. (ls, vo)