© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/20 / 08. Mai 2020

Ein Tausender wertvoll wie Gold
Geldpolitik: In der Krise ist der Schweizer Franken gefragt wie nie / Aufwertung belastet die eidgenössische Exportindustrie / Vorwurf der Währungsmanipulation
Thomas Kirchner

Während die EZB vor einem Jahr die Ausgabe von 500-Euro-Scheinen einstellte, tat die Schweizerische Nationalbank (SNB) genau das Gegenteil: Sie präsentierte ihre neue 1.000-Franken-Note – kleiner als die alte Version, dafür mit 15 Sicherheitsmerkmalen versehen. Und der lila Schein ist weiterhin die wertvollste Banknote der Welt. Aufsehen erregte der Franken auch vier Jahre zuvor, als die SNB eine Aufwertung von 1,20 Franken pro Euro auf nur noch 90 Rappen zuließ und zahlreiche Spekulanten pleite gingen.

Seitdem wertete der Franken bis 2018 wieder auf fast 1,20 pro Euro ab. Seither steigt der Kurs wieder – und in der Corona-Krise müssen nur noch 1,05 Franken für einen Euro bezahlt werden. Das, obwohl die SNB massiv intervenierte und dabei Devisenreserven anhäufte, die auch in Aktien investiert wurden und die Schweiz zu einem der größten Aktionäre vieler Firmen macht. Wegen der SNB-Abwertungsversuche setzten die USA die Schweiz auf die Beobachtungsliste von Ländern, die ihre Währung manipulieren.

49 Milliarden Franken Gewinn erwirtschaftete die SNB 2019 auf ihre Devisenreserven von 770 Milliarden – nicht schlecht für ein 8,6-Millionen-Einwohner-Land. Der Börsencrash Ende März ließ allerdings den Wert der Investitionen um 38 Milliarden sinken. In der Corona-Krise ist der Franken dennoch stark gefragt: In nur einer Woche legten die Sichteinlagen der Schweizer Banken um 13 Milliarden Franken zu. Sie gelten als Indikator für Interventionen der SNB am Devisenmarkt.

Einer der Gründe ist das Anleihenkaufprogramm der EZB, durch das die Renditen deutscher Bundesanleihen gleichauf liegen mit denen der Schweizer: Man verliert also mit Schweizer Bonds nicht mehr als mit deutschen: auf zehn Jahre rund ein halbes Prozent pro Jahr. Hinzu kommt der legendäre Ruf des Franken als sicherer Hafen und daß die Schweiz für eine wirtschaftliche Nach-Corona-Erholung besser aufgestellt ist als die Eurozone.

Doch ein teurer Franken belastet die wichtige Schweizer Exportindustrie und den Tourismus. Der SNB bleiben nun drei Möglichkeiten: Weitere Zinssenkungen, was aber angesichts des Leitzinses von minus 0,75 Prozent höchst umstritten ist. Neue Interventionen am Devisenmarkt und die Anhäufung von noch mehr Fremdwährungen – was aber angesichts der US-Einstufung als Währungsmanipulator politisch brisant ist. Also bleibt der SNB nur übrig, den Franken weiter aufwerten zu lassen und gelegentlich moderat zu intervenieren.

Die Kapitalzuflüsse haben der Schweizer Börse geholfen. Rund sieben Prozent besser als der Dax und drei Prozent besser als der US-Index S&P 500 hat der Schweizer Leitindex SMI seit Jahresbeginn abgeschlossen. Aus Furcht vor einer deutschen Corona-Abgabe Vermögen in der Schweiz zu verstecken, ist wegen des umfangreichen Informationsaustauschs nicht mehr möglich. Nur ein rechtzeitiger Wohnsitzwechsel könnte helfen. Daß manche schon darüber nachdenken und so zum Anstieg des Franken beitragen, liegt auf der Hand.