© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/20 / 15. Mai 2020

SPD-Linkstrend setzt sich fort
Holding für Minderheiten
Jörg Kürschner

Hand aufs Herz: Die SPD war wählbar. Der schneidige Atlantiker Helmut Schmidt, der versierte Marktwirtschaftler Karl Schiller, der bodenständige Gewerkschafter „Schorsch“ Leber, auch der entrückte Visionär Willy Brandt. Doch alles nur Erinnerungen: Heute „zu viele Jusos, zu viele abgebrochene Studenten und Leute mit schwieriger Berufswahl“, hält die frühere Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke ihrer Partei, die sie nach 33 Jahren verlassen hat, den Spiegel vor.

Es ist nicht verletzte Eitelkeit der Ehefrau des von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich beschädigten Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels, es ist die zutreffende Analyse einer Partei, die kaum noch Persönlichkeiten hervorbringt oder diese wie im Fall von Olaf Scholz demontiert – zugunsten eines irrlichternden linken Vorsitzenden-Duos Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

Mit ihnen leitet Mützenich den programmatischen Kurswechsel der SPD ein. In der Verteidigungspolitik, in der Sozialpolitik, in der Wirtschaftspolitik. Sicher, in der SPD wurde immer gestritten zwischen den Pazifisten vom Schlage Erhard Epplers und den Pragmatikern wie Gerhard Schröder. Aber die Basis ist mehrheitlich begeistert über Mützenich, ihr bedeutet die Mitte wenig. Wie warnte Ex-Parteichef Sigmar Gabriel doch so zutreffend: Als Holding von Minderheitsinteressen wird die SPD sicherlich nicht überleben.