© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Karlspreis für rumänischen Präsidenten Klaus Johannis
Zu heftig gepoltert?
Martin Schmidt

Die geplante Verleihung des diesjährigen Aachener Karlspreises an den rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis sorgt für Streit. Zwar wurde die für den 21. Mai geplante Ehrung Corona-bedingt verschoben, doch dient sie weiterhin als jüngster Anlaß für den sich aus den (Un-)Tiefen jahrhundertelanger kultur-historischer Animositäten speisenden Konflikt zwischen Ungarn und Rumänen im Karpatenraum.

Das bisherige „Saubermann“-Image von Präsident Johannis, welcher der seit dem 13. Jahrhundert in Siebenbürgen beheimateten deutschen Minderheit angehört, hat vergangene Woche deutliche Kratzer bekommen. Heftig polterte er gegen ein angebliches Abspaltungs-Komplott der madjarischen Minderheitenvertreter mit den oppositionellen Sozialdemokraten und dem ungarischen Premier Viktor Orbán.

Eines ist klar: Die Deutschen in Rumänien taten im 20. Jahrhundert immer gut daran, sich im Dauerstreit zwischen ethnischen Rumänen und Ungarn nie eindeutig auf eine Seite geschlagen zu haben. Jetzt steht der zweimal mit einer hohen Zahl an „rumänischen“ Stimmen gewählte „deutsche“ Präsident Johannis vor dem Dilemma, diese Neutralität nicht wahren zu können. Er muß sich aus staatspolitischer Verantwortung wie aus persönlichem Machtinteresse ein Stück weit gegen madjarische Sonderinteressen verwahren. Manches spricht allerdings dafür, daß er dabei diesmal rhetorisch zu weit gegangen ist.