© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/20 / 22. Mai 2020

Umwelt
Ohne Gnade
Jörg Fischer

Als der Umweltrat 1972 unter dem Kölner Finanzprofessor und FDP-Politiker Karl-Heinrich Hansmeyer seine Beratertätigkeit aufnahm, bestand er aus unabhängigen Sachverständigen, denen Mensch und Natur wirklich am Herzen lagen. Heute ist das gegenderte Professoren-Septett ein Gremium, das Merkelsche Klimapolitik und grüne Steckenpferde trotz Corona-Krise zu Lasten der kleinen Leute brachial durchsetzen will – nach dem Motto: Die „Pariser Klimaziele“ kennen keine Gnade, Maßnahmen, die Privat-Pkws und speziell SUVs kujonieren, seien „unerläßlich“. Wenn zudem die Energiewende-Professorin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Mitautorin ist, erübrigt sich in der Regel eine Lektüre.

Keine Einschränkung des Autoverkehrs ohne funktionierende und zumutbare Alternativen.

Doch Lamia Messari-Becker wagt im Gegensatz zu ihren biodeutschen Kollegen unkorrekte Gedanken. Die Professorin für Gebäudetechnologie von der Uni Siegen lehnt bundesweite Auslösewerte für „Lärmaktionspläne“ ab und warnt vor einem noch mehr „überfrachteten Planungsrecht“. Die niedrigen WHO-Empfehlungswerte seien bauphysikalisch nur mit unverhältnismäßigem Aufwand realisierbar. Sie lehnt eine City-Maut ab und sorgt sich dabei um Behinderte und Ältere sowie den städtischen Einzelhandel. Bei einer Einschränkung des Autoverkehrs bedürfe es „funktionierender, zumutbarer und etablierter Alternativen“. Auch Tesla & Co. kriegen von der Deutschmarrokanerin ihr Fett weg: „Da auch erneuerbare Energien Ressourcen sind, die es sparsam zu nutzen gilt, wäre die Bepreisung des Energieverbrauchs von E-Autos sinnvoll.“ Statt mehr Regularien bei der Verkehrsentwicklung verlangt sie „realistische Zielsetzungen“ und „maximal mögliche Flexibilität für die Kommunen“.

„Umweltgutachten 2020: Für eine entschlossene Umweltpolitik “: www.umweltrat.de