© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/20 / 29. Mai 2020

Schicksal der Woche
Kannste was, wirste nix
Christian Vollradt

Kompetenz kann für die Karriere schädlich sein. Wie bitte? Ja, zumindest in der Politik ist das so, selbst wenn es widersprüchlich klingt. Denn im mittelfränkischen Höchstadt wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit von dreizehn zu zwölf Stimmen der sozialdemokratische Stadtrat Günter Schulz zum Zweiten Bürgermeister gewählt. Die ausschlaggebende Stimme bekam er vom AfD-Mann Christian Beßler, der sein Votum anschließend damit begründete, daß er Schulz für den kompetenteren Kandidaten halte. Tja, Pech für den Gewählten. Denn statt Schulterklopfen und Blumenstrauß gibt’s nun ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel, Schulz aus der SPD zu werfen. „Für mich, und ich denke für jede/n aufrechte/n Sozialdemokratin/en, verbietet es sich, daß ein Sozialdemokrat sich mit Hilfe der AfD zum Zweiten Bürgermeister wählen läßt“, sagte der zuständige SPD-Kreisvorsitzende Fritz Müller schon unmittelbar nach der Wahl des Genossen. Auch Bayerns Landesvorsitzende Natascha Kohnen hatte Schulz aufgefordert, sein Amt niederzulegen. Der lehnte dies jedoch ab. Er sei sich „keiner Schuld bewußt“, da es keine Absprache mit der AfD gegeben habe. Auch im Stadtrat hat man angesichts der bundesweit für Aufsehen sorgenden Wahl weiteren Redebedarf. Aber miteinander, nicht übereinander „per Presse oder soziale Medien“, forderte ein Mitglied.