© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/20 / 29. Mai 2020

Corona lehrt, die Globalisierung politisch zu steuern
Ratschläge eines Weltrettungsethikers
(dg)

Als Ethiker hat sich der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin den Ruf eines Experten für alles erworben. Ethik der Migration, Medizinethik, Ethik der Biowissenschaften und neuerdings „Ethik für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ – es gibt kaum eine öffentlich inszenierte Debatte, in die sich der Münchner Philosoph, der laut Cicero in puncto „intellektuelle Deutungsmacht“ nur knapp hinter Jürgen Habermas und Peter Sloterdijk liegen soll, nicht einmischt. Da konnte der einstige Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD auch zur Corona-Pandemie und ihren möglichen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen nicht schweigen. Unter denen sich die abzeichnen, die vielleicht ein neues Denken im Sinne einer „gewissen Entglobalisierung“ und Neubewertung des Nationalstaats ankündigten. So habe das Corona-Krisenmanagement die Bedeutung staatlicher Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung offenbart, „die nicht an Märkte und ökonomische Interessen in toto delegiert werden kann“. „Wir sind in fast allen Ländern zu weit gegangen mit der Ökonomisierung des Gesundheitssystems, auch in Deutschland“, kritisiert Nida-Rümelin im Interview mit dem SPD-Theorieorgan Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte (5/2020). Doch dieses „Zurückfahren“ der technisch-industriellen Moderne und ihrer Konsumkultur dürfe „die Globalisierung nicht zurückabwickeln“. Vielmehr lehre die Pandemie, wie der Sozialdemokrat doziert, „politische Verantwortung“ nun „im Weltmaßstab“ zu organisieren, um kollabierte UN-Institutionen wie die WHO zu stärken und „die globale Wirtschaft zu steuern“. 


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