© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/20 / 05. Juni 2020

Die Probleme bei Volkswagen sind keine Virusinfektion
Erfolg macht arrogant
Jörg Fischer

Volkswagen hat viele Feinde: Die automobile Konkurrenz aus Frankreich, Japan oder Südkorea. Globalisten, die monieren, daß Niedersachsen weiter ein Fünftel der Aktien hält und aggressive Investoren den Autokonzern daher nicht filetieren können. Rot-grüne Politiker, die glauben, ohne VW-Benziner und -Diesel wäre das Klima gerettet. Den Bundesgerichtshof (BGH), der vorige Woche einem Sharan-Käufer bescheinigte, VW habe habe aus Gewinninteresse systematisch Autos verkauft, deren Motorsteuerungssoftware niedrige Abgaswerte vortäuschte.

Am Montag kam es noch härter: Bislang kostete das US-„Dieselgate“ etwa 30 Milliarden Dollar, sollten aber zwei neue Urteile wegen umweltrechtlicher Verstöße in Salt Lake County (Utah) und Hillsborough County (Tampa/Florida) Rechtskraft erhalten, könnten weitere Milliarden hinzukommen. Denn bei VW ist – anders als bei GM, Ford oder Fiat-Chrysler – eben etwas zu holen. Kam Toyota 2014 wegen angeblich klemmender Gaspedalen und rutschender Fußmatten 2014 mit 1,2 Milliarden Dollar bei der US-Justiz davon, so hat VW sich seine Misere selbst eingebrockt. Wieso mußte in einem Land, wo Benzin billiger als Diesel ist und Behörden bei Ausländern keinen Spaß verstehen, überhaupt eine „Clean Diesel“-Verkaufskampagne gestartet werden? Benziner-SUVs wie der verspätete große Atlas oder der Tiguan wären für Käufer wie Aktionäre lukrativer gewesen.

Dennoch war der VW-Konzern 2019 mit 10,83 Millionen verkauften Fahrzeugen vor Renault-Nissan-Mitsubishi (10,76) und Toyota (10,59) erneut der größte Autokonzern der Welt. Doch der Erfolg macht offensichtlich arrogant. Statt von der Politik via FAZ eine „höhere CO2-Steuer“ zu fordern, hätte sich VW-Chef Herbert Diess lieber um die technischen Probleme beim Brot-und-Butter-Modell Golf 8 und dem zeitgeistigen E-Kleinwagen ID.3 kümmern sollen, denn deren Software hat Probleme, aber sicher keine Corona-Infektion.