© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/20 / 05. Juni 2020

Zeitschriftenkritik: Bahamas
Politisch desillusioniert
Werner Olles

Die Frühjahrsausgabe der alle vier Monate erscheinenden Bahamas stellt den Gipfelpunkt politischer Desillusionierung dar. Dabei geht es nicht nur um die Transformation der Demokratie durch demokratisch nicht legitimierte Institutionen (EU-Kommission, EuGH, EZB, WHO etc.) und die Verlegung der Entscheidungen in den Kreis nichtöffentlicher Eliten, wie in der Migrationskrise und der aktuellen Corona-Krise, sondern um die Konstruktion eines Weltgeistersatzes, wie er in der europäischen China-Politik zum Ausdruck kommt. So weiß man seit Anfang 2020, daß China „grandios unachtsam mit einer auf seinem Gebiet ausgebrochenen Epidemie umgegangen ist, bis das Unheil nicht mehr zu verheimlichen war“ (Editorial). Trump sprach vom „chinesischen Virus“, wofür er aus Europa massive Vorwürfe zu hören bekam, während man gleichzeitig dem Mutterland des Virus Bewunderung für die unüberprüfbaren Siegesmeldungen über Corona zollte und die rabiaten Methoden der chinesischen Diktatur mit Lob überschüttete. Chinesische Diplomaten phantasierten von „einem besonders leistungsstarken Kampf gegen Covid-19“ und verwiesen auf „fehlenden Bürgersinn“ der westlichen Demokratien. Dies wurde von Mainstream-Medien und GEZ-Sendern, deren Sehnsuchtsort, Märchen- und Wunderland China trotz seiner imperialistischen, völkerrechtswidrigen und repressiven Politik ist, begeistert aufgenommen, während die sehr auf „Menschenrechte“ bedachten Linken und Grünen hysterisch vor „antichinesischem Rassismus“ warnten. 

Das Titelbild ziert die 16jährige französische Gymnasiastin Mila Oriol, die sich Anfang des Jahres mit einer Freundin via Instagram über die Bekleidungsregeln und sozialen Einschränkungen maghrebinischer Frauen austauschte. Dabei kam es zu einem Annäherungsversuch eines jungen Moslems, dem sich Mila verweigerte, nur um als „dreckige Hure“ beschimpft zu werden, die ihn aus Rassismus habe abblitzen lassen. Dies und die Beschimpfungen anderer „Cyber-Dschihadisten“ (Mario Möller) konterte sie mit einem Post, der in Westeuropa inzwischen als „Hate-Speech“ gilt und weitreichende Folgen hatte: Vergewaltigungs- und Mordaufrufe, Polizeischutz und die Weigerung von Feministinnen und der LGBT-Szene sie zu verteidigen. Der Leiter der „Beobachtungsstelle für Islamophobie“ gab Mila zum Abschuß frei: „Sie wußte genau, was sie tat, sie hat Wind gesät und Sturm geerntet, nun muß sie die Folgen tragen!“. Allein Marine Le Pen verteidigte Milas Post als „mündliche Version“ der Charlie Hebdo-Karikaturen, und der Figaro-Redakteur Éric Zemmour schrieb, daß sie „zu ihrem Unglück nicht Frankreich, die Polizei oder den Katholizismus beleidigte, sondern den Islam“. In Frankreich war „Feuer unterm Dach“, auch wenn oder gerade weil Milas Sprache nicht die eines Chateaubriand ist. „Da sie im Gegensatz zu den Eliten auf demütige Respektkundgebungen verzichtet, ist Mila überhaupt erst zu einer zutreffenden Kritik des Islam in der Lage“ (Mario Möller).

Kontakt: Bahamas, Postfach 304214, 10757 Berlin. Das Einzelheft kostet 6 Euro, das Jahresabo 18 Euro.

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