© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/20 / 05. Juni 2020

Das Geheimnis der iranischen Stabilität
Gut austarierte Vetternwirtschaft
(dg)

In der Staatenwelt des Nahen Ostens mute die 1979 gegründete Islamische Republik wie eine Insel der Stabilität an. Warum trotzt diese theokratisch legitimierte Autokratie seit vierzig Jahren allen blutigen Richtungskämpfen, Kriegen oder Aufständen ethnischer Minderheiten? Was, so fragt der Islamwissenschaftler Wilfried Buchta, der von 2005 bis 2011 als politischer Analyst für die UN-Mission in Bagdad tätig war, ist das Geheimnis dieser Langlebigkeit (Aus Politik und Zeitgeschichte, 21-22/2020)? Es ist, entgegen dem äußeren Anschein totalitärer Geschlossenheit, eine islamische Kultur des Aushandelns, die das multiple, von Vetternwirtschaft und Korruption durchseuchte Gefüge aus permanent rivalisierenden Machtzentren im Lot halte. Diese Praxis lasse sich gut an den Abläufen im iranischen Parlament studieren. Dies ist kein von bleierner Konformität geprägtes Scheinparlament wie die Volkskammer der DDR. In den keineswegs inszenierten Debatten würden zwischen Konservativen, Moderaten und Reformern Richtungskämpfe mit erstaunlicher Härte und Heftigkeit ausgetragen. Mancher Minister ist schon durch das Parlament gestürzt worden. Allerdings müsse sich das Parlament im hochkomplexen Machtgefüge der iranischen Polykratie letztlich dem Willen des seit 1989 amtierenden „Revolutionsführers“ Ayatollah Ali Khamenei unterordnen. 


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