© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/20 / 12. Juni 2020

Julia Spacil. Die Wiener Antifa-Aktivistin ist zum Maskottchen der Konservativen geworden.
Liebling der Rechten
Björn Harms

Daß auch die Antifa diesseits des Atlantiks gefährlich ist, zeigen viele Beweise. Einen liefert nun Julia Spacil, die sich öffentlich auf die Seite derer stellte, die in Stuttgart einen Gewerkschafter fast tödlich verletzt haben. 

Dabei frönt die junge Wienerin sonst einer besonderen Obsession: Regelmäßig besucht sie rechte Veranstaltungen, vornehmlich der Identitären – allerdings mit besonderer Intention: Die 26jährige gilt als Österreichs bekannteste Polit-Stalkerin. Sie fotografiert die Demonstranten, um anschließend deren Bilder im Netz hochzuladen. Unschuldige Menschen werden so auf Antifa-Seiten zum Abschuß freigegeben. 

Dieses Bloßstellen ist zwar auch Passion etlicher bundesdeutscher Linksradikaler, doch kaum jemand dürfte sich auf rechter Seite so großer Beliebtheit erfreuen wie Spacil. Längst ist die „Antifa-Prinzessin“ – unter diesem Alias führt sie ein hochfrequentiertes Twitter-Konto – zum wandelnden Meme, einer Art Internet-Running-Gag, geworden. Einige junge Rechte drehen den Spieß um und begrüßen sie persönlich auf den Demos. Identitären-Chef Martin Sellner etwa wird nicht müde, ihr mit ironischem Lächeln Erfrischungsgetränke anzubieten – was Spacil stets peinlich berührt ablehnt. 

Auch ihre Twitter-Posts lassen das Herz vieler Nachwuchsrechter höher schlagen. Denn mitunter verkörpert die großgewachsene Blondine ein konservatives Lebensgefühl, das nicht so recht ins antibürgerliche Weltbild haßerfüllter Feministinnen passen will: Mal sieht man sie fleißig Apfelkuchen backen, dann in stundenlanger Mühe eine neue Zopffrisur flechten. Adrett zurechtgemacht besucht sie den Wiener Opernball. Auch das erholsame Landleben steht bei ihr hoch im Kurs. Ist Spacil tief im Inneren also doch eine „Gute“? Wohl kaum. Denn „die Gute“ schreckt nicht davor zurück, Gewalt zu verharmlosen. Als jüngst die rechte Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ eine Belohnung für Hinweise auf die Täter des Mordanschlags in Stuttgart (JF berichtete mehrfach) auslobte, wirkte die „Antifa-Prinzessin“ belustigt: „Daß sie glauben, Antifas (würden) für Geld snitchen (verraten) gehen“, schrieb sie. Unter Linken könne man sich darauf verlassen, daß „niemand petzt“. Überhaupt sei „Gewalt nicht immer schlecht“ – das hat Spacil schon früher festgestellt, denn: „Welches autoritäre System wurde bisher weggekuschelt?“

Die zur Schau gestellte kognitive Dissonanz scheint bei der Studentin, die seit Jahren im antifaschistischen Referat der „Hochschüler_innenschaft der Uni Wien“ tätig ist, jedoch nicht für längeres Nachdenken zu sorgen. „Warum sind Menschen so?“ wundert sie sich über Denunziantentum in Corona-Zeiten. „Nachbarn verpfeifen, die Besuch haben, Fremde im Internet shamen, weil sie spazieren sind.“ Doch Tage später stand die nächste rechte Demo an, auf der die Holde fleißig Rechte knipste, um sie im Netz zu „shamen“, wie es in ihrer Sprache heißt.