© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/20 / 12. Juni 2020

Der Standort als Verhandlungsmasse
ARD-Kulturportal in Halle: Landtagsabgeordneten könnte damit eine höhere Rundfunkgebühr schmackhaft gemacht werden
Tobias Dahlbrügge

Die Erhöhung der „Demokratieabgabe“ von 17,50 auf 18,36 Euro ist selbst in der Politik umstritten (JF 22 /20). In den drei Landesparlamenten des MDR-Sendegebietes – Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – gibt es Widerstand gegen die ab 2021 geplante Anhebung der Rundfunkgebühr. Sachsen-Anhalt enthielt sich bei der Abstimmung der Länderchefs. 

Wie könnte man den Protest brechen? Die ARD will in Halle an der Saale ein neues Kulturportal für Mitteldeutschland etablieren. Das digitale Angebot soll unter Federführung des MDR aufgebaut werden. Eine Mediathek, eine App und eine Internetseite sind in der Diskussion. Das Ganze hat natürlich überhaupt nichts damit zu tun, die mitteldeutschen Kritiker der GEZ-Erhöhung zu besänftigen. 

ARD-Vorsitzender und WDR-Intendant Tom Buhrow betont gegenüber der dpa warum Halle „der ideale Standort“ ist. „Es gibt eine große international anerkannte Kreativ-Szene, erstklassige Museen und Ausstellungen mit Weltruhm, Orchester und Opernhäuser mit jahrhundertelanger Tradition, außergewöhnliche Chöre, eine breite Literaturlandschaft, und und und ...“

Auffällig ist allerdings: Erst kürzlich hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haselhoff (CDU) beklagt, daß sich fast keine ARD-Stelle in den neuen Ländern befinde. Doch selbst in der ARD brodelt es: Der Medienjournalist Christoph Sterz zitierte im Deutschlandfunk den Intendanten des Bayerischen Rundfunks sinngemäß: „Der Vorgang könnte nach einem medienpolitisch unzulässigen Deal aussehen, nach dem Motto: Wenn ihr eine ARD-Einrichtung in Sachsen-Anhalt aufbaut, dann sorgen wir als Landesregierung dafür, daß ihr einen höheren Rundfunkbeitrag bekommt.“

Kommt die Zwangsgebühr-Erhöhung damit wirklich? Der Bundesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) appellierte an die Ministerpräsidenten, die Steigerung wegen der Corona-Krise zurückzunehmen. 32 Bundestagsabgeordnete der Union sprachen sich dagegen zuletzt in einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten für eine Anhebung aus.