© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/20 / 19. Juni 2020

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
„Ich bin nicht käuflich“
Paul Leonhard

Ausgerechnet auf der Ziellinie kommt es knüppeldick für Philipp Amthor. Gerade noch galt als sicher, daß der 27jährige Bundestagsabgeordnete der nächste CDU-Vorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern wird, nachdem die einzige Mitbewerberin um das Amt jüngst aufgegeben hatte. Aus und vorbei? „Ich bin nicht käuflich“, protestierte der konservative Shootingstar kleinlaut, nachdem ihm das Nachrichtenmagazin Spiegel seinen Einsatz für die IT-Firma Augustus Intelligence vorgehalten hat. Konkret geht es darum, daß sich der Bundestagsabgeordnete bei seinem Parteifreund Peter Altmaier im Bundeswirtschaftsministerium für die Firma eingesetzt hat, die ihm dieses Engagement mit einem Direktorenposten und 2.817 Aktienoptionen dankte.

Amthor gibt an, seine Nebentätigkeit „für ein US-amerikanisches Unternehmen, das in einem für die ökonomische und sicherheitspolitische Zukunft wichtigen Themenfeld arbeitet“, bei der Bundestagsverwaltung 2019 gemeldet zu haben. Auch sind Aktienoptionen nicht veröffentlichungspflichtig. Warum also die Aufregung? Die Verquickung von Mandat und Geschäft kommt bei Wählern nie gut an. Was an der Personalie Amthor auffällig ist, daß ihm niemand zur Seite springt. Der Parteifreund habe alles gesagt, was zu sagen war, so kommt es lau von CDU-Generalsekretär Wolfgang Waldmüller und Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU). Amthors Handeln sei „nicht gerade klug und clever“ gewesen, meinte der kommissarische CDU-Landeschef und Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg.

Spielt dabei eine Rolle, daß sich Amthor dem konservativen Flügel der CDU zugehörig fühlt, vor vier Jahren Mitinitiator des „Konservativen Kreises“ in der CDU Mecklenburg-Vorpommern war? Oder daß nach Spiegel-Angaben auch der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, Ex-BND-Präsident August Hanning und der frühere Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, für Augustus Intelligence aktiv waren? Geld nehme er grundsätzlich nicht, hatte Amthor als Gast der RBB-Show „Chez Krömer“ versichert. Tatsächlich nicht? Die Organisation Abgeordnetenwatch.de interessiert sich gerade dafür, wieso Amthor für eine Nebentätigkeit als freier Mitarbeiter der US-amerikanischen Wirtschaftskanzlei White & Case in Berlin monatlich 3.000 Euro erhält: Kanzleien seien oft Einfallstore für Lobbyismus.

Das Vorgefallene sei ihm eine Lehre gewesen, versichert Jungpolitiker Amthor. Er hat seinen Direktorenposten aufgegeben, auf seine Aktienoptionen verzichtet, zeigt sich reuig und trotzig: „Meine Priorität ist der leidenschaftliche politische Einsatz für unser Land.“ Ob das ausreicht, werden am Ende die Delegierten des nächsten Landesparteitages  entscheiden. Immerhin geht es um die Zukunft eines politischen Talents in der blutleeren CDU. Konkurrent Leif-Erik Holm (AfD) nannte Amthor einen „einstigen Hoffnungsträger“, der zur „politischen Sternschnuppe“ geworden sei.


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