© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/20 / 19. Juni 2020

Grüße aus Athen
Von Piräus bis Sunion
Panayotis Doumas

Die Riviera, der Küstenabschnitt von der Côte d’Azur über San Remo und Rapallo bis La Spezia, ist seit Jahrzehnten Ziel der Reichen und Schönen. Aber auch Athen hat eine Riviera: 60 Kilometer sonnige Küste von Piräus bis Kap Sunion. Das Problem ist, daß in der Region Attika fast die Hälfte der Griechen wohnt. 4,6 Millionen Menschen teilen sich die schönsten Plätze. Schon vor Corona-Zeiten war es an den Sommerwochenenden ein Alptraum, schwimmen zu gehen. Nicht nur wegen der Staus und der Parklückensuche – für eine vierköpfige Familie ist es auch teuer: Eintrittskarten, Liegestühle, Sonnenschirm, Kaffee, Saft und ein einfaches Mittagsessen in der Taverne – das summiert sich schnell auf über 100 Euro, ohne Benzin und Parkgebühren. Da bleibt für die meisten kein Geld für Wassersport und ähnliche Aktivitäten übrig. Die freien Strände, an denen Sand mit Zigarettenkippen und Glasstücken gemischt den Boden auflockert, sind keine Alternative mehr. Vor 30 Jahren waren die Griechen mit den europäischen Touristen noch allein dort, nun bieten Multikulti-Geschäftsleute gegen einen Obolus „Sicherheit“ für Portemonnaie, Smartphone und Schlüssel an. Im Auto kann man diese Sachen längst nicht mehr liegenlassen.

Die Woche über ist ein schneller Tauchgang wie ein Rettungsboot für den griechischen Alltag.

Am Meer zu wohnen ist aber dennoch ein Privileg. Während der heißen Woche ist ein schneller Tauchgang segensreich wie ein Rettungsboot für die Titanic. Aber die Corona-Einschränkungen haben die Alltagsflucht bis Anfang Juni zusätzlich gestört. Strandbars durften keine Musik spielen und keinen Alkohol anbieten. Die Sonnenschirme mußten einen meterweiten Abstand haben, und in ihrem Schaten durften nur maximal zwei Liegestühle Platz finden. Dafür ist mein Eintritt als Bürger des Athener Schickimicki-Strandbezirks Voula zwar frei, aber nicht mehr der Gebrauch von Schirmen und Liegestühlen. Der Kaffee kostet jetzt doppelt soviel wie vor drei Wochen. Das Bier hole ich mir von zu Hause zusammen mit dem Schirm. Und langsam belebt sich’s wieder. Ich bin nicht mehr der einzige. Mit etwas mehr als 3.100 Corona-Fällen ist Griechenland „virussicherer“ als Deutschland – von Spanien, Belgien oder Schweden ganz zu schweigen. Und wenn nun die deutsche Ferienzeit beginnt, kostet vielleicht auch der Kaffee in Athen wieder weniger. Und keine Sorge ums Bier – das hol ich!