© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Abrechnung der Woche
Zum Geburtstag kein Glück
Björn Harms

Eigentlich wollten die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans doch nur höflich sein. Hannovers ehemaliger Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg – immerhin seit 60 Jahren SPD-Parteimitglied – feierte am 8. Juni seinen 77. Geburtstag. Ein Glückwunschschreiben aufzusetzen verstand sich also von selbst. Schmalstieg aber dachte offenbar gar nicht daran, sich auf den Austausch von Nettigkeiten zu beschränken. Kurzerhand verfaßte er ein Antwortschreiben, das mit heftiger Kritik an den beiden Vorsitzenden nicht sparte. „Es ist traurig, daß wir aus der 15-Prozent-Falle nicht herauskommen“, schrieb der 77jährige laut dem Magazin Business Insider an Esken und Walter-Borjans. „Nach meiner festen Überzeugung liegt das daran, daß die SPD kein Gesicht hat. Leider erfüllt ihr diese Aufgabe nicht.“ Rumms – das hat gesessen! Er wünsche sich einen Kanzlerkandidaten wie Olaf Scholz, der „täglich seine Qualifikation und sein Profil unter Beweis stellt“. Deshalb wäre „es schön, wenn Ihr merkt, daß die SPD mit Euch nicht nach vorne kommen kann“, so der SPD-Veteran, der von 1972 bis 2006 Hannovers Geschicke leitete. Es wäre gut, „wenn Ihr die Größe hättet, den Kanzlerkandidat auf dem nächsten Parteitag auch zum Vorsitzenden unserer Partei vorzuschlagen. Das würde helfen.“ Ob Esken und Walter-Borjans dem Vorschlag folgen, darf bezweifelt werden.