© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/20 / 26. Juni 2020

Vom Kassenmagneten zum Kassengift
Hongkongs Polizeifilme
(dg)

Auch wenn die Filmindustrie Hongkongs in den letzten Jahren Marktanteile an Hollywood verlor, sei sie für die Bürger der asiatischen Metropole eine Quelle des Stolzes und habe stets eine identitätsstiftende Wirkung ausgeübt. Doch ausgerechnet die Kassenmagneten der Hongkonger Studios, Polizeifilme, wurden schon vor Beginn der Corona-Pandemie vom Publikum gemieden, wie der Mainzer Medienwissenschaftler Tilman Baumgärtel beobachtet hat (Merkur, 4/2020). Spielten die sechs bis Juli 2019 neu gezeigten Polizeifilme noch zehn Millionen Euro ein, sind die sechs Streifen, die seit August 2019 in die Kinos kamen, „alle Flops gewesen“. Einige geplante Filme seien gar nicht mehr realisiert worden. Offenbar weil die Produzenten befürchteten, daß in der gegenwärtigen Situation niemand auf Leinwandmärchen über eine Polizei neugierig ist, die sich binnen Monaten von der am besten angesehenen zur am meisten verhaßten Asiens wandelte. Denn bei ihren teilweise brutalen Versuchen, jene seit August 2019 an Aggressivität zunehmenden Massenproteste zu unterdrücken, die sich gegen Einmischungen Chinas in Hongkongs Selbstverwaltung richten, habe die gerade in den Shopping Malls, wo sich fast alle Kinos befinden, Demonstranten wie Kriegsgegner „niederknüppelnde“ Polizei“ gezeigt, wie nachrangig ihr Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit seien. Umfragen vom Dezember 2019 künden daher vom rapiden Vertrauensverlust der Hongkonger. 75 Prozent von ihnen vertrauen der Polizei weniger oder gar nicht mehr. Folglich denke die Presse laut darüber nach, ob man die Polizei der Stadt nicht auflösen und komplett neu aufbauen müsse. 


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