© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/20 / 03. Juli 2020

Die Kommunisten hatten bereits die Hand an allen Hebeln
Anfang Juli 1945 rückten die Westalliierten in ihre Berliner Sektoren ein / Vorherige Räumung ihrer besetzten Gebiete zwischen Wismar und Suhl
Matthias Bath

Schon 1944 hatte die Europäische Beratende Kommission (EAC), der politisch-diplomatische Planungsstab der drei alliierten Führungsmächte, in London diskutiert, wie das besiegte Deutschland am besten zu kontrollieren und zu verwalten sei. Als Ergebnis dessen wurde am 12. September 1944 in einer Protokollübereinkunft die Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen vereinbart. 

Das Gebiet von Groß-Berlin sollte als Hauptstadt Deutschlands und Sitz des Alliierten Kontrollrates als oberster Instanz für ganz Deutschland zu keiner dieser Besatzungszonen gehören, sondern, unbeschadet seiner Lage in der sowjetischen Besatzungszone, ein besonderes unter Dreimächte-Verwaltung stehendes Besatzungsgebiet bilden. Auf der Konferenz von Jalta beschlossen die „Großen Drei“ im Februar 1945 dann noch die Beteiligung Frankreichs als vierter Siegermacht an der Besetzung Deutschlands und Berlins.

Bei Kriegsende hatten die Westmächte im Ergebnis der Kampfhandlungen etwa vierzig Prozent des Territoriums der vorgesehenen sowjetischen Zone besetzt, während die Sowjetunion das Gebiet der Stadt Berlin besetzt hatte. Dort hatte bereits ab dem 2. Mai 1945 die aus Moskau eingeflogene Gruppe kommunistischer Emigranten unter Führung des Berliner KPD-Chefs von vor 1933, Walter Ulbricht, mit dem Aufbau einer deutschen Zivilverwaltung begonnen. Viel Zeit blieb nicht, denn ab Juli 1945 sollten die Westmächte ihre Sektoren in Berlin übernehmen.

Am 5. Juni kamen die westalliierten Oberbefehlshaber erstmals nach Berlin, um hier mit dem sowjetischen Oberkommandierenden Marschall Georgi Schukow die Deklaration über die Niederlage Deutschlands und die Übernahme der obersten Regierungsgewalt durch die Alliierten zu unterzeichnen. 

Den Eindruck der alliierten Eintracht aufrechterhalten

Entgegen der Erwartung der westlichen Teilnehmer, nun könne man mit der Arbeit des soeben konstituierten Kontrollrates beginnen, erklärte Schukow, dies könne erst nach dem Abzug der westalliierten Truppen aus den von ihnen besetzten Teilen der den Sowjets zugesprochenen Zone geschehen. Solange dieser nicht erfolgt sei, könnten auch Vertreter der westlichen Militärregierungen nicht in Berlin bleiben.

Den Westmächten blieb nichts anderes übrig, als sich auf die sowjetische Forderung einzulassen, bei der es sich im Grunde nicht um einen „Tausch“, sondern um den Vollzug des 1944 in London Beschlossenen handelte. Sie schlugen deshalb der Sowjetunion am 15. Juni vor, mit der wechselseitigen Räumung der westlichen Gebiete der sowjetischen Zone und der westlichen Berliner Stadtbezirke am 21. Juni zu beginnen. Doch war dies der Sowjet-union auf einmal ebenfalls nicht recht, die sich nun ausbat, den wechselseitigen Truppenrückzug auf den 1. Juli zu verschieben. Am Abend dieses Tages traf dann das erste amerikanische Vorauskommando unter dem späteren Stadtkommandanten Oberst Frank Howley in Berlin ein.

Als die Westmächte Anfang Juli 1945 nach Berlin kamen, fanden sie dort nicht nur eine in großen Teilen zerstörte Stadt mit einer traumatisierten Bevölkerung vor, sondern auch eine weitgehend kommunistisch beherrschte deutsche Stadtverwaltung. Dies galt auch für die Kommunalverwaltung in den Bezirken der Westsektoren. Am 11. Juli konstituierte sich die alliierte Stadtkommandantur. Dabei wurde beschlossen, alle von den Sowjets bislang erlassenen Anordnungen in Kraft zu lassen. Alle künftigen Entscheidungen konnten nur noch einstimmig beschlossen werden. 

Dieser Beschluß führte zunächst dazu, daß die Sowjets alle von den Westmächten angestrebten stadtweiten Änderungen der im Frühsommer 1945 geschaffenen Verhältnisse mit ihrem Veto blockierten. Die Westmächte vermochten auch in ihren Sektoren dem kommunistischen Einfluß nur sehr behutsam entgegenzuwirken. Dabei spielte aber auch eine wichtige Rolle, daß sie gegenüber den besiegten Deutschen den Eindruck von der Eintracht der Siegermächte so lange wie möglich aufrechterhalten wollten.