© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/20 / 10. Juli 2020

Dorn im Auge
Christian Dorn

Auf den Anzeigetafeln des geschlossenen Colosseums prangen die Titel der Remake-Fassungen von Filmklassikern, etwa „Mission Colosseum“, „Das Colosseum – eine unerwartete Schließung“, „Nightmare on Gleimstreet“, „Das Schweigen der Brauners“, „Spiel mir das Lied vom Colosseum“, „The Day after Colosseum“, „BRAUNER I – Die dunkle Bedrohung“ oder „The Wolf of Gleimstreet“. Diese cineastische Kreativität ist nicht zu toppen. Doch auch sonst ist den selbsternannten Rettern des Kinos Colosseum nicht zu helfen: Auf dem Aufruf zur Kiezdemo heißt es „Kommt alle!“ – offenbar geht es hier um einen Akt der Selbstbefriedigung, heißt es doch ganz unten (über dem ver.di-Impressum): „Rechte Aktivist*innen sind auf der Demo unerwünscht und werden ausgeschlossen.“ 

Während ich über diese groteske Selbstgewißheit des linken Aktivismus noch den Kopf schüttele, werde ich im „Café der Sowjetzone“ (nachdem ich dort über fünf Jahre Exil genoß) unvermittelt „ausgebürgert“ (Hausverbot), da ich meine „Bewährungsauflage“ (keine politischen Diskussionen zu führen) wiederholt mißachtet hätte, diesmal durch die Gespräche mit dem überaus sympathischen Schwarzen Vince, einstiger Rugby-Profi aus England, mit dem ich mich über die „Black Lives Matter“-Kampagne austausche, für die dieser nur ein Kopfschütteln übrig hat. Er selbst sei zufällig auf dem Alexanderplatz gewesen, als die „People of Colour“ demonstrierten und habe dort eigentlich nur Weiße in schwarzen Klamotten gesehen – also ein, für dieses Milieu, unerhörter Akt von „Cultural Appropriation“. Wirkliche Schwarze seien dort höchstens in homöopathischer Dosis gewesen. Belustigt habe er zwei nigerianische Freunde in Tempelhof angerufen: „Du, hier demonstrieren sie gerade für eure Rechte!“ Die zwei hätten darüber nur gelacht. Genauso lachhaft seien die „Flüchtlinge“ über die Balkanroute, die für uns angeblich eine „Bereicherung“ seien: „Wie denn, wenn du die siehst – die schenken uns ja nicht mal ein Lächeln!“

Doch zurück zu den USA, wo – so Vince – das Verhältnis zur Polizei schon seit Bonnie und Clyde gestört sei. Kein Polizist wisse seither, ob er abends lebend heimkommt. Überdies seien Schwarze in den USA generell „einen ganzen Tick aggressiver“ als Weiße. Aggressiv bin auch ich in der „Sowjetzone“, als mich der Wirt (der mich regelmäßig mit dem Gruß der kommunistischen Faust provoziert) fragt, ob es wieder ein „Americano“ sein soll: „Du weißt doch: „America against Russia!“ Könnte ich den Film zurückspulen, würde ich antworten: „America first!“