© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

„Ursula, wir bauen auf dich“
Kroatien: Premier Andrej Plenkovic kann erneut die Regierung führen / Pleite für sozialdemokratisches Linksbündnis / Rechte Heimatbewegung drittstärkste Kraft
Hans-Jürgen Georgi

Ursula von der Leyen erweist sich erneut als Parteisoldatin: In einem Wahlwerbevideo zur Unterstützung der kroatischen Regierungspartei HDZ präsentiert sich die langjährige CDU-Politikerin vor dem Sitz der EU-Kommission mit Europafahnen und einem Untertitel als Kommissionspräsidentin. Am Ende ruft sie den HDZ-Slogan „Sigurna Hrvatska!“ (Sicheres Kroatien) in die Kamera. Daß CDU und HDZ in der Europäischen Volkspartei (EVP) eng verbündet sind, wird nicht verraten.

Als die HDZ die Parlamentswahl am 5. Juli mit 66 der insgesamt 151 Mandate gewinnt und die postkommunistischen Sozialdemokraten (SDP) mit ihrer Restart-Koalition mit 41 Mandaten weit hinter sich läßt, sind nicht nur SPD und Linke im EU-Parlament empört: Den Mitgliedern der EU-Kommission sei „jegliche öffentliche Äußerung und jeglicher Auftritt im Namen einer politischen Partei“ verboten. Weniger skandalös, weil inzwischen üblich, ist der sonstige Einfluß der EU auf Wahlen in den Mitgliedsstaaten. Es wird mit finanziellen Versprechungen oder auch Drohungen auf die EU-Kompatibilität des Wahlausgangs eingewirkt – nicht nur in Polen oder Ungarn.

Noch rechtzeitig vor den Wahlen erhielt die HDZ-Regierung von der EU die Zusage für zehn Milliarden Euro, wie ein Zagreber Wochenblatt unter dem Titel „Ursula, wir bauen auf dich“ schrieb. Zusammen mit dem Corona-Hilfsfonds sollen sich die EU-Zuwendungen auf 22 Milliarden Euro erhöhen. Das sei zweimal mehr als in den vorangegange sieben Jahren, so HDZ- und Regierungschef Andrej Plenkovic: „Um das zu realisieren, ist eine Regierung notwendig, die weiß, wie man das macht.“ Damit hatte er dem linken Restart-Wahlprogramm etwas Konkretes entgegenzusetzen.

„Historisches Ergebnis“ für links-grünes Bündnis

Für die HDZ zahlt sich die EU-Präsidentschaft Kroatiens bis Juni und Plenkovics Lobbyarbeit aus: Er hatte 2019 bei der Wahl der neuen EU-Spitze gegen den niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans und für Ursula von der Leyen gestimmt. Weniger EU-kompatibel als HDZ und SDP ist die neue „Heimatbewegung“ (DPMŠ), die mit 16 Sitzen drittstärkste Kraft wurde. Dem Musiker Miroslav Škoro war es nach seinem Achtungserfolg bei den Präsidentschaftswahlen 2019 (24,5 Prozent) gelungen, konservative und rechte Parteien zur DPMŠ zu vereinen. Wie die CDU hat sich die HDZ unter Plenkovic immer weiter nach links bewegt. Enttäuschte HDZ-Mitglieder wie Ex-Kulturminister Zlatko Hasanbegovic gehören nun zur Heimatbewegung. Doch Škoro stellte eine Regierungsbeteiligung nur unter Ausschluß von Plenkovic in Aussicht. Zudem waren schon im Wahlkampf Ministerposten versprochen worden. Zusammen mit den guten Umfragen für den SDP-Chef Davor Bernardic wählten dann doch viele wieder HDZ – um eine linke Regierung zu verhindern. Auch die liberal-konservative Regionalpartei Most – 2016 kurzzeitig HDZ-Koalitionspartner – kam mit acht Mandaten wieder in den Sabor, das kroatische Parlament. In der EU sieht Most Demokratiedefizite und fordert eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten.

Bei der überwältigenden Mehrheit zugunsten der Mitte-Rechts-Parteien und dem desaströsen Abschneiden der linken Restart-Koalition riefen die sieben Mandate des links-grünen Bündnisses „Možemo!“ (Wir können/ZL) in westlichen Medien Begeisterung hervor. Die EU-Grünen sprachen sogar von einem „historischen Ergebnis“. Doch der deutliche HDZ-Sieg läßt eine schnelle Regierungsbildung in Agram (Zagreb) erwarten – wohl erstmals mit neuen Mehrheitsbeschaffern: Den Vertretern der Minderheiten (Serben, Ungarn, Roma) sind verfassungsgemäß acht Sitze reserviert. Und der eine oder andere Ministerposten für sie dürfte auch Ursula von der Leyen erfreuen. Hauptsache, es gibt keinen Rechtsrutsch.