© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

DVD: Im Zeichen des Bösen
Berührende Bosheit
Werner Olles

Im Zeichen des Bösen“ („Touch of Evil“, USA 1958) beginnt mit einem Kraftakt, der für die Filme von Orson Welles typisch ist. Ein Mann setzt das Uhrwerk einer Bombe in Gang und versteckt diese in einem Auto. Ein anderer Mann setzt sich ans Steuer und fährt in Begleitung eines Mädchens durch die belebten Straßen einer amerikanisch-mexikanischen Grenzstadt. Der Wagen kreuzt den eines zweiten Paares, des jungverheirateten mexikanischen Polizeiinspektors Miguel Vargas (Charlton Heston) und seiner amerikanischen Frau Susan (Janet Leigh). Die beiden werden Zeugen, als das erste Auto jenseits der Grenze in die Luft fliegt. Diese Szene dauert drei Minuten und besteht aus einer einzigen Einstellung.

„Touch of Evil“ spielt in mehrerer Hinsicht an der Grenze, in einem moralischen, atmosphärischen und kulturellen Niemandsland. Um die Mörder zu finden, soll der alte Sheriff Quinlan (Orson Welles) mit Vargas zusammenarbeiten, was ihm jedoch zuwider ist. Wegen seiner brutalen Verhörmethoden gerät er mit Vargas aneinander, der von Skrupeln geplagt wird. Er sieht in Quinlan die Verkörperung eines Polizeistaats, muß jedoch am Ende zugeben, daß der Sheriff mit seinen kriminalistischen Erfahrungen recht hatte. „Die Arbeit eines Polizisten ist nur leicht in einem Polizeistaat“, sagt Vargas, der liberale Humanist, der auch nicht ohne schmutzige Tricks auskommt, wenn seine Frau in einem Motel von Gangstern überfallen und mit Drogen vollgepumpt wird.

Neben Orson Welles und Charlton Heston spielt die schmutzige Grenzstadt Los Robles, in der mit Prostitution und Rauschgift Geld verdient wird, die Hauptrolle in diesem Film Noir. Es ist eine intrigenreiche Geschichte, die Orson Welles um zwei Polizisten, die nicht gegensätzlicher sein könnten, inszeniert hat. Während der korrupte Quinlan Beweise fälscht, mit Kriminellen Geschäfte macht und sogar einen Mord begeht, kann Vargas seinen Widerwillen dagegen nicht unterdrücken.

Ein letzter Satz am Ende aus dem Off gesprochen, läßt den einsamen Sheriff, der durch den Tod seiner Frau demoralisiert und zum Säufer geworden ist, über den integren Beamten Vargas triumphieren und das Genre des Film Noir demontieren. Ein großer Film!

Mediabook: Im Zeichen des Bösen. KochMedia 2020, Laufzeit etwa 111 Minuten