© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

„Haltung“ zahlt sich nicht aus
Problem nicht erkannt: Viele Jugendmedien kämpfen ums Überleben / Die einseitigen Inhalte sollen jedoch bleiben
Gil Barkei

Die Meldung sorgte für Aufsehen: Der Spiegel stellt sein Jugendportal bento ein (JF 26/20) – auch wegen wirtschaftlicher Zwänge angesichts der Corona-Krise. Junge Medien, vor wenigen Jahren hoffnungsvoll gestartet (JF 46/16), haben es mittlerweile schwer und verdeutlichen: jugendlicher Haltungsjournalismus und Klicks bringen oft nicht genügend Geld. 

Auf bento folgte ze.tt. Ab Herbst wird das bisher eigenständige Jugendportal der Zeit zum untergeordneten Ressort bei Zeit Online und zum „Aushängeschild für diverse Berichterstattung“ zusammengekürzt. Der Schritt soll ze.tt „langfristig auf eine wirtschaftlich zukunftsfähige Basis stellen“, teilte der Verlag mit. Die Erkenntnis, daß die Probleme auch mit einer zu einseitigen Berichterstattung zu tun haben, scheint sich nicht durchgesetzt zu haben.

Für Thomas Borgböhmer vom Branchendienst Meedia ist die Entwicklung „bedauerlich, denn für den Journalismus erfüllen jene jungen Medienmarken einen wichtigen Zweck“. Ein Beispiel: „Die Berichterstattung über LGBTQIA+ oder inklusive Themen ist mit dem etwas anderen Dreh und in der Häufigkeit woanders nicht zu finden“. Die Krise könnte jedoch ein Weckruf sein, hofft Borgböhmer. Zu lange wurden andere Lebenswelten fern des „linksliberalen Gedanken-Einerlei“ vernachlässigt: „Menschen vom Land, Nicht-Akademiker, Azubis, junge Familien“. 

Anstatt auf einen inhaltlichen Wandel setzen die Verantwortlichen allerdings auf Vermarktungsstrategien in neuen Kanälen wie TikTok oder Instagram, wie ze.tt-Chefredakteurin Marieke Reimann im Interview bei Deutschlandfunk Nova erzählt. Doch auch junge Medien mit umfassenderen Reportagen sind angeschlagen. Bei Vice müssen zahlreiche Journalisten gehen, weil sie „für 50 Prozent der Personalkosten, aber nur 21 Prozent des Umsatzes stehen“, wie das Manager Magazin berichtet. Buzz­feed will den deutschen Ableger verkaufen. Ein Investoren-Trio aus dem österreichischen Medienmanager Markus Posset sowie seinen Partnern Alexander Schütz, Aufsichtsrat der Deutschen Bank AG, und Filmunternehmer Klemens Hallmann hat Interesse bekundet.