© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

Frisch gepresst

Dora Benjamin. Eine „ehrgeizige Gans, die immer mit den modernsten intellektuellen Strömungen schwimmen wollte“, sei die von 1917 bis 1930 mit Walter Benjamin verheiratete Dora Sophie Kellner „ganz gewiß nicht gewesen“, korrigiert dessen Biograph Lorenz Jäger (JF 13/17) ein böses zeitgenössisches Urteil. Aber was war sie dann? Da auch Jäger die dem Ostjudentum entstammende Professorentochter, die in der Weimarer Republik als Journalistin reüssierte, nur skizzenhaft vorstellt, blieb eine Forschungslücke, die Eva Weissweiler mit ihrer „Biographie einer Beziehung“ jetzt füllt. Die freie Schriftstellerin und WDR-Rundfunkautorin hat sich vor Jahrzehnten auf Lebensgeschichten von Frauen spezialisiert, die im Schatten bedeutender Geister standen. Neben zwei Büchern über je eine Tochter von Karl Marx legte sie Werke über Clara Schumann, Friedelind Wagner und Luise Straus-Ernst vor. Die Wahrung „sozialer Distanz“ war dabei nie Weissweilers Sache. So neigt auch ihr eine Überfülle privater Nebensächlichkeiten ausstreuendes Porträt Dora Benjamins mitunter zur allzu „emphatischen“ Idealisierung. Damit befreit sie ihre Heldin vom Negativ-Klischee der „Gans“, um ihr zu bescheinigen, der Genialität  des von ihren Honoraren ausgehaltenen Meisterdenkers zumindest nahe gekommen zu sein. (wm) 

Eva Weissweiler: Das Echo Deiner Frage. Dora und Walter Benjamin. Biographie einer Beziehung.Hoffmann und Campe, Hamburg 2020, gebunden 364 Seiten, Abb., 24 Euro





Flakhelfer. Letztlich waren es etwa 200.000 Schüler und Lehrlinge, die seit Ende 1942 für den „Kriegshilfeeinsatz der Jugend bei der Luftwaffe“ eingezogen wurden, um die immer dringlicher werdende Luftverteidigung gegen die Bomberverbände der Alliierten zu unterstützen. Mittlerweile blicken die letzten dieser Flakhelfer, die einer ganzen Generation den Namen gaben und deren prominenteste Vertreter Papst Benedikt, Hans-Dietrich Genscher, Dieter Hildebrandt, Martin Walser oder Peter Alexander waren, auf mehr als neunzig Lebensjahre zurück. So wie der frühere Rechtsanwalt Wolfgang Heyll, der seine Dienstzeit bei der Flak im Westen autobiographisch darstellt. Mit der Abkommandierung an die Oder 1945 zur Verteidigung Berlins wurde der knapp 16jährige Nichtkombattant dann sogar noch für kurze Zeit ein Angehöriger der Wehrmacht. (bä)

Wolfgang Heyll: Flaksoldaten. Jugendliche als Luftwaffenhelfer bei der Flak im Westen und an der Ostfront. Helios Verlag, Aachen 2020, gebunden, 121 Seiten, Abb., 16,80 Euro