© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/20 / 17. Juli 2020

Der Diesel muß endlich rehabilitiert werden
Debatte um Luftreinhaltung: Der Corona-Shutdown entlarvte die deutschen Innenstadtfahrverbote als Fehler
Marc Bernhard

Der massive Arbeitsplatzabbau in  der Autoindustrie und die Enteignung der Dieselfahrer werden mit dem Verweis auf die angeblich drohende Klima-Apokalypse und die Luftreinhaltung gerechtfertigt. Die Umweltministerien, das Umweltbundesamt und grüne Lobbyverbände behaupten gebetsmühlenartig, der Autoverkehr sei mit einem Anteil von 65 bis 80 Prozent hauptverantwortlich für die Überschreitungen der Stickstoffdioxidgrenzwerte (NO2) in den Innenstädten. Doch im Zuge der Corona-Maßnahmen hat sich bestätigt, was Fachleute längst wußten: Der Diesel-Pkw ist nicht der Schuldige.

Er ist nicht die Hauptursache für NO2-Belastung. Die Diesel-Fahrverbote wurden ohne fundierte Datengrundlage erlassen. Zahlreiche Stichproben bei den Luftqualitätsdaten nach dem Corona-Shutdown vom 23. März zeigten, daß – obwohl der Straßenverkehr um bis zu 75 Prozent abgenommen hatte – die NO2-Werte beispielsweise an der Stuttgarter Meßstation Neckartor keineswegs abnahmen, sondern weiterhin schwankten. Selbst Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sprach von einem „Mißverhältnis“ zwischen Verkehrsrückgang und der kaum veränderten Luftqualität.

Für seinen Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) sind Diesel-Fahrverbote nun endgültig vom Tisch. Das SPD-geführte Bundesumweltministerium wiegelte in einer Stellungnahme vom 21. April dennoch ab: Der Straßenverkehr sei die wesentliche Quelle für die hohe NO2-Belastung in Ballungsräumen. Es rekurrierte hierfür auf die Immissionsdaten der Europäischen Umweltagentur (EUA), wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Einzelfrage aus meinem Büro hervorging.

Zulassung von synthetischen Kraftstoffen

Wertet man diese Rohdaten für sämtliche verkehrsnahen Meßstationen in 77 deutschen Städten vollständig aus, ergibt sich für die ersten vier Wochen vor und nach dem Shutdown jedoch kein korrelierender Rückgang der NO2-Werte – sie stagnierten im bundesweiten Durchschnitt nahezu unverändert (etwa 29 gegenüber etwa 27 Mikrogramm pro Kubikmeter). Ein Viertel der Städte hatte im Mittel sogar einen Anstieg der NO2-Belastung zu verzeichnen. Auch wenn man den Vergleichszeitraum auf sechs Wochen vor und nach dem 23. März verlängert, ändert dies nichts am Befund. Auch das MDR-Magazin „Umschau“, das hundert verkehrsnahe Meßstationen seit dem 22. März gemittelt hat, konstatierte am 19. Mai nur minimal weniger Stickoxide in der Luft.

Vor diesem Hintergrund waren die seit 2018 verhängten Diesel-Fahrverbote nicht verhältnismäßig. Sie sind kein geeignetes Mittel zur Reduktion der innerstädtischen NO2-Belastung. Die Ursachen müssen woanders liegen – der Diesel gehört rehabilitiert. Die Fahrverbote erweisen sich als Fehleinschätzung von Behörden und Gerichten. Sie müssen sofort und vollständig rückgängig gemacht werden, die AfD-Fraktion hat daher einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht (19/20069). Und: Dem Abmahnverein Deutsche Umwelthilfe (DUH, JF 49/18), der Gerichte von Verbot zu Verbot trieb, müssen endlich alle Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt gestrichen und das Verbandsklagerecht aberkannt werden.

Das Bundesumweltministerium fabuliert hingegen von „meteorologischen Effekten“, also dem Wetter, welches die Auswirkung der Emissionsminderung vollkommen überlagert hätte – und sperrt sich gegen eine Aufhebung der Fahrverbote. Warum? Die „Elektromobilitätswende“, Hauptursache der Krise in der Autoindustrie, soll nicht gefährdet werden. Doch der politisch induzierte Strukturbruch gefährdet dort jeden zweiten Arbeitsplatz. Der durch die Fahrverbote entstandene finanzielle Schaden bei den Besitzern von 15 Millionen Diesel-Pkw sowie in der Wirtschaft geht in die Milliarden.

Nach dem Fahrverbots-Fehlurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 sind die Preise für gebrauchte Dieselautos massiv eingebrochen, sie liegen um bis zu 50 Prozent unter dem prognostizierten Restwert. Die Regierung sieht dem taten- und teilnahmslos zu. Diesel-Fahrverbote kosten Firmen und Bürger Geld, das ihnen angesichts einer existenzbedrohenden Wirtschaftskrise schmerzhaft fehlt. Die Aufhebung der Fahrverbote, die Zulassung von umweltfreundlichen synthetischen Kraftstoffen („E-Fuels“, JF 12/19) sowie das Ende des Zwangs zum E-Auto sind unausweichliche Sofortmaßnahmen, um noch größeren Schaden abzuwenden.






Marc Bernhard ist Rechtsanwalt und Betriebswirt, AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Umweltausschuß.