© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/20 / 31. Juli 2020

Peter Gauweiler verlangt Klarheit über EZB-Anleihekäufe
Glaubwürdigkeit verloren
Reiner Osbild

Da bekommt Peter Gauweiler recht – und guckt dennoch in die Röhre, vorerst zumindest. Denn die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Analyse der Europäischen Zentralbank über die Nebeneffekte ihrer Anleiheprogramme ist dermaßen geheim, daß Teile nur unter dem Siegel der Vertraulichkeit an die Bundesregierung ausgehändigt wurden. Es sieht danach aus, daß die Geheimsache James Bonds erst durch eine Zwangsvollstreckung das Licht der Welt erblicken wird. War nicht gerade beim letzten EU-Gipfel ganz viel von Rechtsstaatlichkeit die Rede? 

Wenn Ungarn oder Polen gemeint sind, pustet Angela Merkel gerne mal die Backen auf. Wenn aber Transparenz und Nachvollziehbarkeit über Billionen Euro schwere EZB-Programme gefordert sind, werden unsere Volksvertreter erstaunlich schmallippig. Dem Bundestag jedenfalls wurden nur Selbstverständlichkeiten präsentiert, die jeder Volkswirt schon im dritten Semester draufhat. Warum also mauert die Bundesregierung? Entweder sind die Schäden für den deutschen Steuerzahler dermaßen hoch, daß man ihre Veröffentlichung ein Jahr vor der Wahl scheut, oder die Analysen sind so stümperhaft, daß die Bundesbank sofort aus den EZB-Programmen aussteigen müßte. So oder so: Die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung ist nachhaltig erschüttert.






Prof. Dr. Reiner Osbild ist Ökonom und Ordinarius an der Hochschule Emden/Leer.