© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/20 / 31. Juli 2020

Nichts zu den Akten nehmen
Impressionen zu fünf Jahre Willkommenskultur
Wolfgang Müller

Wer den ersten Teil der Überschrift von Hannes Schammanns Aufsatz „Fluchtzuwanderung als Innovationsmotor“ liest, denkt unwillkürlich an das alle Schleusen der Komik öffnende Geschwätz über „Bereicherung“ durch „Fachkräfte“, die Deutschland brauche, damit sie in „unserem Sozialsystem zu Hause sind“ (Katrin Göring-Eckardt, 2013). Doch auf dieses von notorischen Schwindlern bevölkerte Parkett begibt sich der Politologe mit dem „Schwerpunkt Migrationspolitik“ nicht, der an der Universität Hildesheim eine auf gut Deutsch so genannte Migration Policy Research Group leitet, eines jener zahllosen Steuergeldgräber, die Massenzuwanderung nicht erforschen, sondern propagieren. 

Immerhin stellt Schammann im zweiten Teil der Überschrift klar, daß er nicht ernsthaft illegal Eingereiste als Innovationsmotor verkaufen möchte, er vielmehr berichten will, wie deren umfassende Versorgung mit Geld, Wohnung, Sprachunterricht, den Erfindungsreichtum des Gastlandes anstachelt: Zuwanderung sei ein „Innovationsmotor für kommunale Integrationspolitik“. Da nach Ansicht des Professors gerade Kommunen „besonders stark in der Pflicht stehen, die Teilhabe von Migrant*innen voranzubringen“ – obwohl „Flüchtlingen“, wie es korrekt heißen muß, völkerrechtlich doch nur ein temporärer Aufenthalt zusteht –, hat er denen bei seinen „Forschungen“ genau auf die Finger geschaut. Und siehe da, sie haben sich an Einfallsreichtum nicht übertreffen lassen und erbrachten Bestleistungen an „organisatorischer Innovation“. 

Im Heft von Aus Politik und Zeitgeschichte (30-32/2020), mit dem die Bundeszentrale für politische Bildung auf fünf Jahre „Willkommenskultur“ zurückblickt, findet sich immerhin ein Beitrag des emeritierten Freiburger Historikers Ulrich Herbert, der Schammanns unverdrossenes „Wir schaffen das“ als puren Illusionismus entlarvt. Wenn nicht ein kurz- und mittelfristig völlig unwahrscheinlicher „struktureller Umbau“ der kapitalistisch organisierten Weltwirtschaft“ erfolge und das eklatante Wohlstandgefälle zwischen Nord und Süd begradige, werde sich am Wanderungsdruck auf die EU-Grenzen nichts ändern.

Nichts Neues also zur Migrationspolitik? Doch, es kommt nur nicht von den Wissenschaftlern in dieser Runde, sondern vom Welt-Journalisten Robin Alexander. Er wartet mit Details auf über Angela Merkels Anstrengungen, die Entscheidungsabläufe im Bundeskanzleramt zu vernebeln. Einfach indem sie verhinderte, daß sie aktenkundig wurden. 

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