© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/20 / 31. Juli 2020

Leserbriefe

Zu: Ein Dokument der Furcht“ von Thorsten Hinz, JF 30-31/20

Vierte Gewalt: Staatsorgan

Hier im Leitartikel wie auch in der vorangegangenen JF-Ausgabe Dieter Stein in seinem Streiflicht „Die alimentierte Presse“ wird ein entscheidender Aspekt der Presse ausgeblendet: nämlich deren Selbstverständnis als vierte Gewalt! Hier tut mehr Bescheidenheit not. In der JUNGEN FREIHEIT wie in anderen seriösen Zeitungen wird im Beklagen von Mißständen leicht eine verbreitete Sünde der Presse übersehen: daß sie sich freiwillig oder geschmeichelt den Rang einer „Vierten Gewalt“ zuschreiben läßt oder gar selbst anmaßt. Damit ordnet sich die Presse bereits begrifflich zu den drei anderen Gewalten und suggeriert, sie sei ebenfalls eine staatliche Gewalt. Es wird öfter, als es guttut, vielen Journalisten schmeicheln, sich in dieser starken Nachbarschaft und hochklingenden Bedeutung zu wähnen, doch ändert es, davon bin ich überzeugt, zugleich unbewußt die innere Haltung zur eigentlichen Aufgabe. Denn diese liegt in der kritischen Begleitung der drei Staatsgewalten, die allesamt von öffentlich Bediensteten (darf man „Ödies“ sagen?) betrieben werden.

Jörg Pauly, Königswinter






Zu: „Sehnsucht nach Friesland / Lieber tot als Sklave“ von Dieter Stein, JF 30-31/20

Lieber mehr Steuern als Mord

Ich bin in Mittelhessen aufgewachsen und mit 17 zur Insel Sylt getrampt, erstmals am Meer. Diese Sehnsucht nach Freiheit, nach Weite im Leben, kann ich total verstehen. Aber stimmt die Verhältnismäßigkeit im Inhalt der Ballade „Pidder Lüng“ von Detlev von Liliencron? Gibt es ein höheres Gut als die Freiheit im beziehungsweise zum Leben, die der arme Fischer dem „Amtmann von Tondern Henning Pogwisch“ gewaltsam nahm? Ich meine ja: die Liebe zu seinen Nächsten wie zu sich selbst hätte den Ausschlag geben sollen! Wegen der „Spucke im Topf“ wird Pidder Lüng zum Mörder, verliert sein eigenes Leben und beraubt die Familie um den Vater und Ehemann als „Ernährer“. Also: Meines Erachtens eher zu viel Steuer an „eine gewaltsame, willkürliche Obrigkeit“ zahlen, als zum Mörder zu werden und die liebsten Menschen allein im Leben stehen zu lassen, mithin eher „Sklave als tot“ in der Liebe zum Nächsten wie zu mir selbst.

Gerhard Tummuseit, Zinnowitz






Zu: „Mohralische Einwände“ von Peter Möller, JF 30-31/20

Kein Zustimmungsvorbehalt

Der Grund für die mitteleuropaweit verbreiteten „Mohren“-Häupter in Adels- und Gemeindewappen sowie noch heute auf Schildern von Herbergen, Spitälern und Apotheken wie auch, davon abgeleitet, für einschlägige Straßen ist der heilige Mauritius. Sein Name kommt von griechisch „mauros“ (schwarz) und wurde umgangssprachlich zu „Maurice“, „Moritz“, „Mohr“ oder „Mero“. Der Heilige wurde in der „Mero“wingerzeit als Helfer gegen Krankheit und Reisegefahr angerufen. Kaiser der Sachsendynastie, insbesondere im 10. Jahrhundert Otto der Große, erhoben ihn zum Familienpatron. Dieser Kult, manchmal gebündelt mit der „(Dreikönig-)Kaspar-Verehrung, griff auf das Volk über, so daß in folgenden Jahrhunderten die genannten Häuser einschlägige Schildrechte erwarben und ganze Orte, wie 1470 Tuttlingen-Möhringen, die kaiserliche Erlaubnis zum Führen eines „Mohren“-Kopfes im Wappen erwirkten, wie etwa Stuttgart-Möhringen. Solche Zeugnisse sind überliefertes, lebendes Volkskulturgut, denn auch heute widmen beide Kirchenkalender einen Septembertag St. Mauritius. Ihm gilt mithin das im Gottesdienst gängige Bekenntnis: „Ich glaube an ... die Gemeinschaft der Heiligen“. Ausdruck dessen ist bis heute in manchen Bundesländern der Feiertag „Allerheiligen“. Diese kulturelle und religiöse Tradition kann nicht unter den Zustimmungsvorbehalt eingereister Neuheiliger gestellt werden.

Hans G. Lindenmeyer, Schnaitheim




Deutschland? Fremdenfeindlich!

Nicht nur Straßen und Plätze, auch unser Land ist endlich umzubenennen. Vorschlag: „Idiotenland“ statt „Deutschland“ („deutsch“ gilt ja als „pfui“ und „rassistisch“). Künftig also ein herzliches Willkommen an alle links-grünen Idioten, die sich sicher wohlfühlen werden.

Armin Steinmeier, Neuried






Zu: „‘Ich glaube da Herrn Gauland’“ von Christian Vollradt, JF 30-31/20

Leichter leben ohne Rückgrat

Die vom seinerzeitigen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen entzauberte „Chemnitzlüge“ von erfundenen Hetzjagden gegen Ausländer führte bekanntlich zu seiner Entlassung durch Innenminister Seehofer („Herrschaft des Unrechts“). Ein Mann mit Rückgrat wie Herr Maaßen gehört heute offensichtlich zu einer aussterbenden Spezies. Einzig AfD-Politiker zeigen der links-grün-sozialistischen CDU-Regierung ihre Demokratie- und Toleranzdefizite auf. Da verwundert es nicht, daß ein neuer Verfassungsschützler – besser Regierungsschützler – Haldenwang nach der Musik Seehofers tanzt, dem man nicht das Rückgrat attestieren kann, das unerläßlich ist für Recht und Ordnung und gegen jede Art und Form von Unrecht und Gewalt – egal ob von links, rechts oder Ausländerkriminalität. Stattdessen wird linker Terror weiter kleingeredet und verharmlost und sogar mit staatlichen Mitteln unterstützt. Das demokratie­feindliche und intolerante Verhalten von Regierung, Altparteien und VS gegen die AfD kann nur als Reaktion darauf zu werten sein, daß von der AfD Wahrheiten, Fakten und bisher tabuisierte Themen offen benannt, Versagen angeprangert und das fragwürdige Demokratieverständnis sogenannter Eliten in Politik und Leitmedien aufgezeigt werden. Es gilt wohl der Satz: „Wer auf den Schmutz hinweist, ist gefährlicher als der, der den Schmutz macht.“ Es ist auch erstaunlich, wie viele sich ohne Rückgrat aufrecht halten und davon gut leben können.

Wolfgang Kahl, Augsburg




Tricky: Schätzchen Haldenwang

Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2019 „glaubt“ Herr Haldenwang also den Angaben von Herrn Gauland und rechnet dem „rechtsextremistischen Personenpotential“ flugs 7.000 Personen hinzu, was die Statistik um 33 Prozent erhöht. Tricky. Glaubt Herr Haldenwang dann auch den Beteuerungen von #Wirsindmehr, die ihre Sympathisanten-Anzahl während des Chemnitz-Konzertes am 3. September 2018 mit etwa 65.000 angegeben haben? Und warum rechnet er sie dann nicht gleichheitsgerecht dem „linksextremistischen Personenpotential“ zu? Nebenbei: Hat Herr Haldenwang die Angaben von Herrn Gauland überprüft, belegt und bewiesen oder genügt ihm tatsächlich „eine Schätzung, die der Realität sehr nahe komme“?

Marianne Müller, München






Zur Meldung: „Massensterben von Elefanten in Botswana“, JF 30-31/20

Ein afrikanisches Armutszeugnis

Die zu hohe Populationsdichte und der Mensch-Tier-Konflikt sind eine bekannte Tatsache, im Gefolge natürlich Dauerstreß auch für die Elefanten. Leider wird dies nicht nur in Deutschland gern verdrängt. Aber dieses Sterben deutet – aus der Ferne betrachtet – eher auf eine Vergiftung durch Botulismus-Toxin an sauerstoffarmen Wasserstellen hin. Leider gibt es dazu bisher keinerlei Aussagen der „Fachleute“ vor Ort. Immerhin vermutet auch Umweltminister Pohamba Shifeta Streß infolge der Überpopulation als Ursache des Sterbens. Nicht zufällig stammen die Berichte von Elefantensterben von der NGO „elephant with­out borders“ von Michael J. Chase in Kasane, Botswana, die insbesondere den Druck durch die Wilderei benutzt, um erfolgreich Gelder für den sogenannten Schutz der Elefanten (das heißt, für regelmäßige Zählungen aus der Luft – das macht doch Spaß!) einzutreiben (Frankfurter Zoologische Gesellschaft, Paul G. Allen & Bill Gates etc.). Schade, daß sie sich nicht auch mit den Folgen der regionalen Überpopulation befaßt und vor Ort eine fachliche und wissenschaftlich saubere Forschung betreibt. Einfach, wie die britische National Park Rescue, eine (welche?) Virusinfektion zu vermuten, ist ein Armutszeugnis.

Dr. Klaus Koch, Overath






Zu: „Das ist beginnender Totalitarismus“, im Gespräch mit Boris Reitschuster, JF 29/20

Eines der besten Interviews

Ein Hoch auf Boris Reitschuster! Es ist eines der besten und ehrlichsten Interviews, die ich seit langem in der JF gelesen habe. Dieser Beitrag sollte an jeden deutschen Haushalt verschickt werden, um die letzten politischen Tiefschläfer aus ihren linkslastigen Träumen zu reißen. Besonders zutreffend finde ich seinen Hinweis auf „betreutes Informieren“.

Friedrich Peter Wilhelm, St. Ingbert






Zu: „Berichte aus der Befehlswirtschaft“ von Dirk Meyer & „Die Konkursverwalter“ von Markus Brandstetter, JF 29/20

Seilschaften am DDR-Abhang

Jedem Kenner der DDR war klar, daß die Betriebe nur Schrott waren und die Treuhand nur eine Konkursmasse verwaltet. Doch war die Bundesrepublik noch bereit, gutes Geld in die Masse zu werfen, und mit den Grundstücken war tatsächlich noch Geld zu machen. Es bildeten sich viele Seilschaften, ostdeutsche Lokalkenntnisse verbündeten sich mit westlichen Konkursgeiern. Auch internationale Hyänen witterten Beute. Dann wurde der integere Rohwedder zum Chef ernannt, der schon bewiesen hatte, daß er mit Scharfblick und Kenntnissen eine Sanierung hart durchführen konnte. Man sah die Felle wegschwimmen, in diesem Konglomerat gab es genügend kriminelle Elemente, die Rohwedder weg wollten, so starb er am 1. April vor 30 Jahren. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Es wurde eine RAF-Spur gelegt, und keiner wollte eine Aufklärung. Es kam die unbedarfte Frau Breuel und das Zocken konnte beginnen. Den Meisterschuß durch ein Doppelglasfenster konnte nur ein Profi leisten, und dann noch die Flucht schwimmend über den Rhein zu den vermutlich wartenden Komplizen, dazu war die RAF nicht fähig.

Alfred Hajek, Dresden




Unrealistische Alternative

Der Artikel von Dirk Meyer ruft noch einmal den katastrophalen Zustand der „DDR“ vor der Wende in Erinnerung. Ich hatte kurz nach der Wende Gelegenheit, mit Einwohnern von Wolfen über deren Erfahrungen zu sprechen. Ein Ingenieur gab mir etliche Beispiele für mangelnde Koordination mit häufigem Arbeitsausfall und entsprechend miserabler Arbeitshaltung. Gezeigt wurden mir marode Fabriken und verrottete Infrastruktur. In Erinnerung ist mir noch der „Silbersee“, der seinen Glanz von den dort entsorgten Chemieabfällen hatte. Bedenkt man, daß unsere Landsleute im Durchschnitt die gleichen Qualitäten hatten wie wir, dann läßt sich die komplette Unmenschlichkeit dieses elenden kommunistischen Systems halbwegs ermessen. Wieviel Lebenszeit wurde dadurch vergeudet! Ich habe dann auch kurze Zeit später die in der Tat blühenden Landschaften in Gestalt eines modernen Bayer-Werks gesehen und die allgemeine Verbesserung der Lebensqualität etwa durch Ersetzung der Braunkohleheizung an der eigenen Lunge verspürt. 

Gleichwohl zeigt Ökonom Meyer in seinem Abschnitt über die Alternativen die Beschränktheit einer rein volkswirtschaftlichen Perspektive. Die Wiedervereinigung war in erster Linie eine politische Tat. Bundeskanzler Kohl, der im Beitrag so nebenbei abqualifiziert wird, hatte die Weitsicht und den Mut, das enge Zeitfenster zur Wiedervereinigung zu nutzen. In Kohls Erinnerungen ist nachzulesen, welche enormen Widerstände im In- und Ausland zu überwinden waren und wie in- und ausländische Interessenten und Ideologen, Sozialisten aller Couleur, Engländer und Franzosen, die Wiedervereinigung auf die lange Bank schieben wollten, um sie im Sande verlaufen zu lassen. Wie gerne hätte der Franzose Delors, damals Präsident der Europäischen Kommission, die „DDR“ noch schnell in die EWG aufgenommen, um deren Eigenstaatlichkeit zu stärken. Den verbündeten Sozialisten Lafontaine und Gysi war jedes Mittel recht, um die Deutschen in Ost und West gegeneinander auszuspielen. Da wäre eine konfliktträchtige Konföderation zweier selbständiger Staaten, wie von Meyer bevorzugt, gerade recht gewesen. Die schnelle Wiedervereinigung einschließlich der Währungsunion kann man nicht rein volkswirtschaftlich würdigen, sondern nur politisch.

Wilhelm Hacke, Witten






Zum Schwerpunktthema: „Liebe*r Leser_in!“, JF 28/20

Partizipation dank Partizip

Es wäre einer gründlichen Recherche wert, wer eigentlich hinter den derzeitigen Sprachmanipulationen steckt – hier sind offenbar erhebliche Ressourcen und Sachverstand im Spiel. Eingängige Floskeln wie die Alliteration „bunt statt braun“ oder „Vielfalt statt Einfalt“ entstehen nicht spontan am Redaktionstisch – so wenig wie Gerhard Schröders Reim „es ist richtig und wichtig“, der wohl auf Kosten des Steuerzahlers von einer Werbeagentur ersonnen wurde. Wie kam es etwa, daß quasi über Nacht in allen System-Medien gleichzeitig aus „Flüchtlingen“ erst „Schutzsuchende“ und später dann „Geflüchtete“ wurden? 

Das Partizip wird schon länger genutzt, um „geschlechtergerecht“ zu formulieren: anstelle von „Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler“ heißt es „kürzer“ (aber kaum verständlich) „Lehrende und Lernende“. Aber wieso einerseits „Studierende“ (Partizip Präsens), andererseits „Geflüchtete“ (Partizip Perfekt)? Der Subtext ist nicht ohne Raffinesse: Das Partizip Präsens beschreibt noch andauernde Vorgänge (die Frage, wann die „Studierenden“ endlich Examen machen, wird schon sprachlich ausgeblendet). Das Partizip Perfekt kennzeichnet hingegen abgeschlossene Handlungen. Ein „Geflüchteter“ hat die Flucht erfolgreich hinter sich und ist „angekommen“ – jede Frage nach dem Aufenthaltsstatus ist damit obsolet.

Dr. Michael Gies, Stegaurach