© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/20 / 07. August 2020

Berlins Bausenatorin tritt wegen Steuerhinterziehung zurück
Staatsanwalt spielt nicht mit
Ronald Berthold

Selbst die Hauptstadt-Presse war „völlig überrascht“, wie der Berliner Tagesspiegel freimütig einräumte. Daß Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) wegen Bereicherung und Steuerhinterziehung zurücktreten würde, damit war wirklich nicht zu rechnen. Demissionen in ähnlichen Fällen gab es lange nicht mehr. Zu gering ist der Druck der Medien. Damit kann es auch keine öffentliche Erregung geben. Wo kein Kläger, da auch kein Richter. Vierte Gewalt war – insbesondere, wenn es um grüne, linke und sozialdemokratische Politiker oder die Bundeskanzlerin geht – gestern.

Lompscher, wegen ihres Mietendeckels und ihrer Enteignungsphantasien ein Liebling der Berliner Journalisten, hätte den Skandal locker wegstecken können, wäre es nur nach dem wahrnehmbaren Aufschrei gegangen. Die Entlohnungen für Aufsichtsratsmandate rechtswidrig in die eigene Tasche zu stecken und nicht einmal zu versteuern, blieb lediglich eine Randnotiz in Presse und Rundfunk. Und das lag sicherlich nicht nur daran, daß die kompetente AfD-Finanzpolitikerin Kristin Brinker durch eine Anfrage im Parlament die Sache ans Licht brachte.

Es ist das politisch-mediale System, in dem man sich gegenseitig seiner guten Haltung versichert und sich unterstützt, das so etwas ermöglicht. Nur der Staatsanwalt wollte diesmal nicht mitspielen. Er leitete Ermittlungen ein.