© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/20 / 07. August 2020

Bundesbank segnet umstrittene Staatsanleihekäufe der EZB ab
Bock zum Gärtner gemacht
Joachim Starbatty

Das Bundesverfassungsgericht hat der EZB am 5. Mai aufgegeben, innerhalb einer Dreimonatsfrist den Nachweis der Verhältnismäßigkeit ihrer Staatsanleihekäufe zu erbringen. Der damalige EZB-Präsident Mario Draghi hatte seit dem 26. Juli 2012 freie Hand, durch diese Ankäufe die Zinsen niedrig zu halten, um so einem Auseinanderbrechen der Eurozone vorzubeugen. Als Feigenblatt diente der Ankauf über den Umweg „Sekundärmarkt“. Karlsruhe äußerte in seinem PSPP-Urteil Zweifel, ob die Nebenwirkungen dieser Politik genügend berücksichtigt worden seien. Es monierte, daß Bundestag und Bundesregierung sich nicht um die Belange der Sparer und aller derjenigen gekümmert hätten, die unter dieser EZB-Politik litten.

Was die EZB als Nachweis der Verhältnismäßigkeit ihrer Politik vorgelegt hatte, ist der Öffentlichkeit vorenthalten geblieben. Zeitungsberichten ist zu entnehmen, daß es sich hierbei um Sitzungsprotokolle des EZB-Rates und um ältere Analysen handele, die nicht eigens für diesen Zweck angefertigt worden seien. Bundestag und Bundesregierung haben diese fragwürdigen „Beweise“ ohne nähere Prüfung abgenickt – und so den Bock zum Gärtner gemacht; denn bei den Karlsruher Prozessen um die Zulässigkeit der Staatsanleihekäufe standen beide einmütig hinter der EZB. Beide haben das Abrutschen der Eurozone in die Transfer- und Schuldenunion sogar aktiv gefördert.

Die Bundesbank hat sich nun kurz vor Ultimo in den Chor der Ja-Sager eingereiht: Deren Vorstand sieht die Karlsruher Vorgaben ebenfalls als erfüllt an. Ja, hätte man denn von der Führung der Bundesbank erwarten dürfen, daß sie sich vor den Euro-Zug wirft? Auch die deutschen Währungshüter handeln nicht in einem luftleeren Raum. Die Sparer aber müssen nun wissen: Sie haben in Deutschland niemanden mehr, der ihre berechtigten Interessen vertritt.






Prof. Dr. Joachim Starbatty ist Ökonom und war Abgeordneter des EU-Parlaments.