© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/20 / 07. August 2020

„Konservative Benutzer angezogen“
Alternative zu Twitter & Co.: Die App „Parler“ drängt in die Lücke, die zensierende soziale Medien hinterlassen
Hermann Rössler

Für Konservative und Rechte wird die Luft in den sozialen Medien immer dünner. Im Juli sperrte Twitter neben dem Sprecher der Identitären Bewegung (IB) in Österreich, Martin Sellner, weitere 50 Accounts von der IB zugeordneten Mitgliedern. Auch auf Youtube ist Sellners Kanal nicht mehr abrufbar.

Einseitige Faktenchecks, Lösch- und Sperrwellen haben bei Facebook, Twitter und Youtube Konjunktur (JF 29/20). Die Aktionen lassen an der politischen Neutralität der Medienkonzerne zweifeln und zwingen Betroffene dazu, sich nach Alternativen umzusehen. 

In diese Marktlücke springt die Microblogging-App Parler ein. Bereits seit 2018 will Parler, was im Französischen „sprechen“ bedeutet, einen Ort für freie Rede und Meinungsfreiheit anbieten. Nutzer können dort Privatnachrichten schreiben, öffentliche Postings absetzen und Beiträge anderer Nutzer weiterverbreiten. Die Funktionen ähneln in anderer Bezeichnung denen auf Twitter, auch wenn Mitbegründer John Matze sein Angebot nicht als plumpe Alternative verstanden wissen will, wie er im Interview mit Fox-News erklärte. Vielmehr sei sein Produkt das, „was Social-Media hätte sein sollen“. Bislang begeistert die App vor allem Konservative in den Vereinigten Staaten. Die US-Politiker der Republikaner Rand Paul, Ted Cruz und Rudy Giuliani betreiben dort Profile und warben dafür, dem Netzwerk beizutreten. Im deutschen Sprachraum hat sich beispielsweise Sellner ein Parler-Konto eingerichtet. 

„Wir haben zunächst konservative Benutzer angezogen, weil sie sich von anderen Social-Media-Plattformen entrechtet fühlen“, sagt Matze gegenüber der Washington Post. Ziel sei es jedoch, auch Anhänger des linken Spektrums an sich zu binden. Doch auch auf Parler gibt es Grenzen. So sind unter anderem Pornographie, terroristische Inhalte und Beleidigungen Gründe, um gesperrt zu werden. 

Im Gegensatz zu der Online-Plattform Gab (JF 25/17), die seit 2016 versucht, sich als alternatives soziales Medium zu etablieren, kann Parler auch bei Google Play und im App Store heruntergeladen werden.