© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/20 / 07. August 2020

Umwelt
Queerer Mond-Abort
Paul Leonhard

Vorige Woche startete die Nasa von Floridas Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus ihre neue Mars-Mission: Der Roboter „Perseverance“ soll dabei nach Lebensspuren suchen sowie Klima und Geologie des Roten Planeten erkunden. 2026 soll eine Folgemission die gesammelten Gesteins­proben zur Erde bringen. Vorher will die US-Weltraumbehörde sogar wieder Menschen mit einer Landefähre auf den Mond bringen – idealerweise eine Frau und einen Mann. Diese sollen ab 2024 auf dem Erdtrabanten eine Station aufbauen, die als Ausgangsbasis für Astronauten zum Mars dient. Bevor die Artemis-Mission starten kann, muß noch ein Sondermüllproblem gelöst werden. Deswegen bietet die Nasa auf HeroX.com Erfindern 35.000 Dollar für „radikal neue und andere Ansätze zur Sammlung und Lagerung menschlicher Abfälle“.

Externe Wissenschaftler, Designer, Ingenieure oder Studenten mit wegweisenden Ideen?

Zwar funktionieren die Mikrogravitationsklos auf der Raumstation ISS einwandfrei, aber eine Mondtoilette muß mehr können: Sie soll sowohl in der Schwerelosigkeit des Weltalls als auch auf dem Mond, wo die Schwerkraft einem Sechstel der Erdanziehungskraft entspricht, funktionieren. Die Toiletten sollen leicht, kompakt, leise und für beide Geschlechter benutzbar sein. Und ihre Reinigung sollte nicht länger als fünf Minuten dauern. Eigentlich hat die Nasa ja jahrzehntelange Erfahrungen mit Astronauten-Exkrementen, aber nun wolle man „über den Tellerrand“ schauen, heißt es in der offiziellen Begründung. Es könnte ja sein, daß querdenkende externe Wissenschaftler, Designer, Ingenieure oder Studenten eine wegweisende Idee haben. Daß aber, wenn man der Ausschreibung glauben darf, derjenige Entwurf bei der Bewertung Bonuspunkte bekommt, der es den Astronauten erlaubt, zu erbrechen, ohne den Kopf in die Toilettenschüssel stecken zu müssen, klingt wie ein zu Papier gebrachter Designerwitz. Abgabetermin ist Ende August.