© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/20 / 14. August 2020

Das gesellschaftliche Verschwinden des Bauerntums
Im Dauerfeuer medialer Kritik
(dg)

Eines nicht mehr fernen Tages, so zitiert Andreas Möller den französischen Kunsthistoriker Jean Clair, einen Bauernsohn, werde man einsehen, daß das wichtigste Ereignis des 20. Jahrhunderts nicht der Aufstieg des Proletariats war, sondern das Verschwinden des Bauerntums (Die Politische Meinung,1/2-2020). Gegen-Kampagnen der Landwirte wie die Aktion Grüne Kreuze im Sommer 2019, die an das Sterben der Höfe erinnern sollte, künden nur von einem letzten Aufbäumen. Studien zufolge werde sich die Zahl der 200.000 landwirtschaftlichen Betriebe, die heute in Deutschland existieren, bis 2050 halbieren. Für den gelernten Historiker Möller, der die Unternehmenskommunikation eines großen bayerischen Maschinenbauers leitet, besteht kein Zweifel, daß diese Marginalisierung der Bauern „Volkes Begehren“ ist. Landwirtschaft sei gesellschaftlich höchstens noch präsent als Objekt des „Dauerfeuers medialer Kritik“. Ein Schicksal, wie es schon Kohlebergbau und Kernkraft erlitten hätten. Volksbegehren wie „Rettet die Bienen“ nehmen die sozialökonomische Ausgrenzung billigend in Kauf, obwohl ihre Initiatoren keine tragfähigen Alternativen zum Einsatz von chemischem Pflanzenschutz böten. Offenbar scherten sich „urbane“, erfahrungslos in virtuellen Realitäten hausende Ökos nicht um die Folgen, die das Verschwinden agrarischer Kulturlandschaften nach sich ziehe. 


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