© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/20 / 21. August 2020

Geld stinkt nicht
Universitäten: Studentische Semesterbeiträge fließen häufig in linksextremistische Organisationen
Jonas Vriesen

Es ist längst gängige Praxis: Die Semesterbeiträge von Studenten werden an vielen deutschen Universitäten vom jeweiligen Allgemeinen Studentenausschuß (AStA) dazu genutzt, linksextreme Organisationen zu unterstützen. Jüngst sorgte ein entsprechender Fall in Köln für Aufsehen. Wie die Welt berichtete, bezieht die Antifa AK (Arbeitskreis) Köln, die vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wird, Geld aus Uni-Töpfen. Wie aber kann das sein?

Der Allgemeine Studierendenausschuß (AStA) der 51.234 Studenten in Köln verfügt im Haushaltsjahr 2019/20 über ein Budget von 1.234.485 Euro.  Das Geld wird auf ihre Gliederungen verteilt, die Referate. Deren Aufgabe ist eigentlich die Interessenvertretung aller Studenten gegenüber der Universität, dem Bundesland und der Öffentlichkeit. Allerdings sind es genau diese Gliederungen, die den Interessen vieler Studenten zuwiderlaufen. 

Viele Studenten wissen gar nicht, wen sie da finanzieren

In Köln gibt es zum Beispiel das „Referat für Antidiskriminierung und Kultur“, für „Autonome Ausländer*innen“ und auch das „Autonome Lesben und Schwulenreferat (LUSK)“. Ein weiteres Referat ist der angesprochene Antifa Arbeitskreis Köln (Antifa AK). Schon 2017 organisierte der AK im „autonomen Zentrum Köln“, einem linksextremen Treffpunkt, Blockaden und Proteste gegen einen Parteitag. Das Zentrum in der Luxemburger Straße 93 beherbergt neben dem AK auch die Interventionistische Linke Köln, das anarchistische Kollektiv und die Antifaschistische Gruppe. So steht es im Verfassungsschutzbericht des Landes für das Jahr 2019, in dem das Zentrum wie auch die Gruppen dem Linksextremismus zugeordnet werden.

Trotzdem finanzierte der AStA im vergangenen Semester den Antifa AK mit 8.500 Euro aus dem Haushalt. Mindestens seit zehn Jahren fließen Gelder an den Arbeitskreis. Grundsätzlich muß der AStA keine Rechenschaft darüber ablegen, was er mit dem Geld macht. Bezahlen aber müssen trotzdem alle Studenten. Für die Grüne Hochschulgruppe gibt es an den Vorgängen nichts auszusetzen. Sie solidarisierte sich nach den Vorwürfen mit dem Antifa AK.

Linksextremismus ist an den Universitäten jedoch kein neues Phänomen. Köln ist keine Ausnahme. Zwar kann sich grundsätzlich an allen Universitäten jede Hochschulgruppe zur Wahl stellen, allerdings gelten viele ASten als Rückzugs- und Rekrutierungsorte der linksextremen Szene. So beispielsweise auch in Bielefeld. Das hängt unter anderem mit der niedrigen Wahlbeteiligung zusammen, die im Wintersemester 2020 bei gerade einmal 9,35 Prozent lag. Zur Wahl trommeln linke Gruppen ihre Anhänger zusammen, andere Studenten interessieren sich kaum dafür. Von 13 im StuPa vertretenen Hochschulgruppen sind aktuell mindestens neun linke Gruppen, sie verfügen über die absolute Mehrheit und damit auch über die Finanzhoheit. Ganz offiziell bezeichnet sich das StuPa daher als ,,Teil der antifaschistischen Bewegung‘‘.

Mit aktuell 16,60 Euro pro Student und Semester finanzieren die Bielefelder Hochschüler zwangsweise diese Strukturen. Besonders auffällig ist dabei die Antifa-AG. Die 1997 gegründete Arbeitsgemeinschaft wurde bereits im Jahr 2005 in einer Anfrage der CDU/CSU Bundestagsfraktion genannt. Sie organisiert regelmäßig Proteste, die schon mal in Gewalt ausarteten. Gegen mißliebige Studenten verteilt die AG an der Universität stigmatisierende Steckbriefe, etwa gegen drei Studenten gerichtet, die sich in der AfD engagieren. Und auch sie finanzieren die, die sie einschüchtern und mundtot machen wollen, mit. 

15.435 Euro veranschlagte der AStA für die Antifa-AG im Jahr 2019. Was mit dem Geld geschehen ist, gibt auch der Rechenschaftsbericht nicht her. Das letzte einsehbare Sitzungsprotokoll ist von Oktober 2019. Andere Protokolle fehlen. 

Das ist kein Einzelfall: Bereits 1999 hatte das staatliche Rechnungsprüfungsamt die Haushaltsführung der ASten in Nordrhein-Westfalen beklagt. Haushaltspläne fehlten, Kassenbelege wurden nicht eingereicht, Buchführungen waren nicht vorhanden. Einige ASten waren trotz der hohen Einnahmen praktisch zahlungsunfähig. Insolvenzen standen unmittelbar bevor.  

Im niedersächsischen Göttingen kritisierte der Ring Christlich-Demokratischer Studenten den linken AStA im Juni für die Verschwendung von über 70.000 Euro. Das Geld sollte unter anderem für die Stelle eines Sachbearbeiters für „Antifa und Antirassismus“ verwendet werden. Weitere Auskünfte, wofür das viele Geld verwendet werden soll, bekam die Opposition nicht. „Keine Namen, keine Strukturen“, so das Schweigegelübde. Der RCDS vermutet, daß es sich bei den vorgeblichen antifaschistischen Bemühungen um Linksextremismus handle. Die unionsnahen Studenten kritisierten zudem, daß die linke Mehrheit dem AStA Personalkosten in Höhe von 165.000 Euro genehmigte. Auf diese Weise finanzieren „Aktivisten“ ihren Lebensunterhalt. Das hat in der südniedersächsischen Stadt schon Tradition. Mit gewissen Nebenwirkungen: 1994 hatte die Generalstaatsanwaltschaft Celle bei ihren Ermittlungen gegen Angehörige der berüchtigten „Autonomen Antifa M“ – unter anderem wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung – sogar die Räume des AStA durchsucht und das dort beheimatete „Antifa-Archiv“ zeitweise konfisziert.

Die Machenschaften der ASten landeten auch schon vor Gericht. Im März 2004 erging in Berlin ein Urteil, daß das Gremium Gelder zweckentfremdet habe. Ein Student hatte geklagt. Er monierte, der AStA der Freien Universität habe auf Kosten der Studenten Flugblätter mit sogenannten „allgemeinpolitischen Positionen“ drucken lassen. Auch berichteten Zeitungen und Uni-Magazine, der AStA habe zwei Studentinnen für 1.400 Euro zu einem Treffen „feministischer Lesben“ nach Rio de Janeiro geschickt. 

Unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro verboten die Richter daraufhin die „unzulässige allgemeinpolitische Betätigungen“ des AStA. Der Streit um das „allgemeinpolitische Mandat“ ist ein juristischer Klassiker. 2015 unterlag ein Kläger mit dem Versuch, eine einstweilige Verfügung gegen den AStA in Osnabrück zu erwirken. Er machte geltend, in insgesamt 74 Einzelfällen seit 2012 habe sich der AStA durch die Finanzierung bestimmter Hochschulgruppen und -projekte ein allgemeinpolitisches Mandat angemaßt. Seine Klage wurde abgewiesen. Das Gericht urteilte, die Mehrzahl der gerügten Verstöße stelle keine allgemeinpolitische Betätigung dar, sondern sei von der im Hochschulgesetz verankerten „Wahrnehmung sozialer und kultureller Belange der Studierenden“ gedeckt. Fraglich wäre dies allerdings im Fall der Universität Halle. Dort schaffte der Studentenrat für 1.500 Euro Sportgeräte an und stellte sie in einem illegal besetzten Haus zur Verfügung, wo nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes gewaltorientierte Linksextremisten verkehren.  

Vergabe von Geldern als politisches „Schmiermittel“

Manchmal funktioniert die Vergabe von Geldern aus den studentischen Pflichtbeiträgen für linksextreme Projekte auch als politisches „Schmiermittel“. So hatten sich 1998 in Göttingen linke Gruppen nicht auf eine Koalition einigen können. Denn die Juso-Hochschulgruppe wollte partout nicht mit der Antifaschistischen Liste (AL) koalieren, da die politische Gewaltanwendung nicht grundsätzlich ablehnte. Die anderen Gruppen, darunter die Grünen, bestanden auf die Einbindung der AL. Nach monatelangen Verhandlungen einigte man sich auf einen Kompromiß. Formal war die AL nicht am AStA beteiligt, bekam allerdings Sachbearbeiterstellen sowie eine Veranstaltungsreihe. „So kostet der Widerstand der Jusos gegen die Antifa 10.000 DM“, empörte sich die bürgerliche Opposition. Pointe am Rande: Die Jusos stellten in jenem AStA den Hochschulpolitischen Referenten. Rund zwanzig Jahre später war der Mann (bis 2019) SPD-Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministerium. Zuständig unter anderem – für die Universitäten.





Wie organisieren sich Studenten?

In Deutschland organisieren sich die Studenten selbst. Sie wählen dazu ein Studenten-, heute offiziell ,,Studierenden“-Parlament‘‘ (StuPa), das wiederum eine ,,Studentenregierung‘‘, den Allgemeinen Studierendenausschuß (AStA) wählt. Finanziert wird der AStA aus den Semesterbeiträgen der Studenten. Jeder Student muß einmal im Semester einen verpflichtenden Beitrag an die Universität zahlen, bei Zuwiderhandlung droht sogar der Ausschluß. Im laufenden Semester waren das im Beispiel Köln 280,50 Euro. Davon finanziert der Löwenanteil das Semesterticket für den öffentlichen Nahverkehr. Ein weiterer großer Posten sind die Gehälter der gewählten AStA-Referenten und -Sachbearbeiter. Lediglich in Bayern, wo es keine sogenannte „Verfaßte Studentenschaft“ gibt, besteht mit der „Unabhängigen Studierendenschaft“ (so der offizielle Name) eine freiwillige Organisationsform. Außerdem gibt es in den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt an Stelle des AStA einen Studentenrat (StuRa), der häufig die Funktionen von Studierendenparlament und AStA in sich vereint.