© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/20 / 21. August 2020

Zeitschriftenkritik: Epoque
Der Liberalismus und das Evangelium
Jonas Vriesen

Der Niederländische Verlag De blauwe tijger bringt seit September 2018 vierteljährlich das Magazin Epoque heraus. Auf 100 Seiten werden dort im Hochglanzformat verschiedene Themengebiete von (Geo)politik über Lifestyle und ökonomische Trends abgedeckt. Chefredakteur Tom Zwitser sieht die Menschen auf dem Weg in eine neue Epoche. Die Niederlande würden ein ,,Land ohne Bauern, ein Meer ohne Fischer, eine Ökonomie ohne kleine  und mittelständische Betriebe‘‘. Im aktuellen Heft ziehen die Verfasser Trennlinien und spielen dabei nicht nur auf die deutsche Teilung in Ost und West an. Zwitser sieht den westlichen Liberalismus an einem Ende angekommen und folgt damit auch der politischen Idee des Chefs der niederländischen Partei VfD, Thierry Baudet, zu dessen Freunden er gezählt wird. Für Konservative mit niederländischen Sprachkenntnissen ist Epoque eine geistige Bereicherung.

Religiöse Bezüge ziehen sich durch viele Artikel des Heftes. Im Beitrag des Katholiken Erik van Goor beschreibt er Samson, eine biblische Figur aus dem Alten Testament, dessen Männlichkeit und Stärke die Provokationen seiner Feinde brachial und durchsetzungsstark rächt. Damit stellt er sich einer Auslegung des Christentums entgegen, das sich allein auf den Gedanken der Nächstenliebe reduziert. Samson tauge daher auch als moderner Held.

Ein Beitrag zur Geschichtspolitik zum Thema Deutschland von Jef Rademakers eröffnet einen eher herzlichen Blick. Er berichtet über die eigenen Erfahrungen mit den Deutschen, die im Zweiten Weltkrieg die Niederlande besetzten, und widerspricht damit einer äußerst negativen Auffassung der Niederländer auf das große Nachbarland. Seinen Eindrücken nach seien die Deutschen „von Natur aus höflich und gesittet. Und das könne man leider nicht von allen Völkern des Kontinents sagen.“

Erfrischende Eindrücke liefern auch die verschiedenen Beiträge zum Thema Afrika. So wirft Marcel Bas in seinem Text zu Südafrika einen romantischen Blick auf die ehemalige Niederländische Kolonie, mit einem Absatz zur Apartheidsnostalgie. Die Realität zeige, daß Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Bildung, Sicherheit und Ökonomie sich auf einem Tiefpunkt befänden. Der Traum vom einigen multikulturellen Staat sei gescheitert.

Auch der Blick von Henk-Jan Prosman auf Michel Houellebecqs Umgang mit dem Körper steht genußvoll einem Zeitgeist entgegen, der Körper, Sex und Fortpflanzung voneinander zu trennen versucht. Houellebecq urteilt, die klimabewußte Neutralisierung des kinderlosen Körpers, der Mensch im Geburtsstreik, habe seinen Anteil an der Welt längst aufgegeben. Nur das Evangelium der Wiedergeburt Christus stelle etwas substanzielles gegen diese Klima-bewegung. „Gott kümmert sich um uns. Er denkt in jedem Moment an uns und gibt uns seine Anweisungen, manchmal sehr genau“, zitiert Prosman Houellebecq.

Kontakt: Blauwe tijger, Postbus 2078, 9704CB Groningen  Das Einzelheft kostet 20 Euro, ein Jahresabo 59 Euro.

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