© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/20 / 21. August 2020

Pahl-Rugenstein darf nicht sterben
Antideutsche Geschichtskosmetik
Dirk Glaser

Wenn ein Geschichtsblinder einem Geschichtsbanausen wie Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) Geschichtsvergessenheit vorwirft, dann kommt ein verworrener Text wie der von Mark Terkessidis zum Thema „Liberaler Imperialismus und der herrschende Rassismus“ dabei heraus (Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/2020). Der Verfasser, ein Mittfünfziger mit offenkundig griechischem Migrationshintergrund, promovierte pädagogisch zum originellen Thema: „Das Wissen über Rassismus in der Zweiten Migrantengeneration.“ Seitdem trumpft der langjährige WDR-Mitarbeiter und taz-jungle world-Zeit-Autor mit einschlägigen Expektorationen versorgende Terkessidis als Experte in der Mimikry-Wissenschaft „Rassismus- und Migrationsforschung“ auf.

In seiner jüngsten Wortmeldung schlägt er den kühnen Bogen vom wilhelminischen Liberalismus bis zur „Willkommenskultur“ und zu „Person(en) deutscher Herkunft“, die in „Auseinandersetzungen mit Geflüchteten ums Leben kommen“. Wer darüber lamentiert, ist „rechtsextrem“ und wird von diesem Geschichtskosmetiker mit einer bizarren Lektion über deutschen Imperialismus und Kolonialismus zum Schweigen zu bringen versucht. Ins Schußfeld gerät dann auch ein tumber Sozi wie Gabriel, der meint, die Deutschen als „interesselose“ Makler im Libyen-Konflikt empfehlen zu dürfen, „weil wir nie Kolonialstaat“ waren. 

Für Terkessidis ist Gabriels lausiges Gedächtnis der Aufhänger, um in seiner „Scheltrede“ (Hölderlin) gegen die Deutschen mit exquisiten Geschichtskenntnissen zu glänzen. Die der Pädagogikstudent einst durch emsiges Schmökern in Büchern des SED-finanzierten Pahl-Rugenstein-Verlages erwarb – bis 1989 westdeutscher Hauptimporteur und Multiplikator marxistisch-leninistischer Geschichtsideologie. Ihr entsprechend figurieren bei Terkessidis Liberale wie Friedrich Naumann und Max von Baden, der bei ihm schon im März 1918 Reichskanzler ist, als üblere Imperialisten als die Alldeutschen, weil ihre mittel- und osteuropäischen Ambitionen die Sowjetunion bedrohten. Außerdem lassen sich mit ihnen „Kontinuitäten“ leichter konstruieren, bis hin zur Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP. 

Pankow pur kolportiert Terkessidis zu Flucht und Vertreibung: Nur „Volksdeutsche“ aus den „von der Wehrmacht besetzten Ländern“ seien 1945 nach Westen gezogen. Diese „Einwanderung von Deutschstämmigen“ beendete dann „der Bau der Mauer“.